Seine analoge Videoanlage hat Cornelius Strangemann, Geschäftsführer der Lestra Kaufhaus GmbH in Bremen, weitgehend entsorgt. „Die bescheidene Bildqualität reichte häufig nicht zur eindeutigen Personen-Identifikation, die Auswertung der Videodaten war zeitaufwändig, der Datenabruf auf einen Ort begrenzt“, fasst Strangemann die wesentlichen Handicaps der im Jahr 2000 installierten Technik zusammen. Nach Sichtung der Angebotsunterlagen zweier Dienstleister war zudem klar: Eine Aufrüstung und Migration des analogen Systems hin zu moderner IP-Technologie wäre kostenträchtiger gewesen als die Investition in eine komplett neue Anlage.

Das Kaufhaus Lestra im Bremer Stadtteil Horn-Lehe bietet als breit aufgestellter Nahversorger auf 3.000 qm Verkaufsfläche knapp 100.000 Artikel – im Schwerpunkt Lebensmittel, darüber hinaus ein Hartwaren-Grundsortiment für den täglichen Bedarf, von Küchenutensilien über Porzellan- und Glaswaren bis zu Textilien und Spielwaren. Rund 25.000 Menschen leben im Stadtteil und damit im direkten Einzugsbereich des Unternehmens.

30 Kameras überwachen die Fläche

Die Inventurverluste des Hauses lagen in den vergangenen Jahren um die 1 Prozent-Marke, also oberhalb dem vom EHI ermitteln Branchen-Durchschnitt von 0,6 Prozent vom Nettoumsatz. Unter dem Strich steht damit für Lestra ein jährlicher Verlust im deutlich sechsstelligen Bereich. „Mit unseren präventiven Maßnahmen und Kontrollen inklusive der Überwachung durch die alte Videoanlage konnten wir die Verlustquote zwar verringern, aber nicht deutlich unter die 1-Prozent-Marke drücken“, berichtet Cornelius Strangemann.

Der Händler hat daher tief in sein Investitionsbudget gegriffen, „im unteren sechsstelligen Bereich“. Sein neues Sicherheitskonzept basiert auf einer modernen IP-Anlage zur Videoüberwachung, die hohe Bildqualitäten mit bedienerfreundlichen Auswertungsmöglichkeiten verbindet. Eingesetzt werden insgesamt 130 IP-Kameras der Firma Axis. Damit ist auch die hinterste Ecke der Lestra-Verkaufsfläche abgedeckt.

Hohe Speicherkapazität

In IP-Video-Netzwerken verfügt jede Kamera und jedes Speichergerät über eine eigene IP-Adresse. Statt langer Koaxialkabel besteht die Infrastruktur aus kabelgebundenen und Wireless Lans sowie dem Internet. Im Gegensatz zu analogen Systemen werden die Videodaten auf einem Netzwerk-Videorekorder (NVR) gespeichert – ein Server-PC, der auf mehrere Festplatten-Subsysteme (Small Computer System Interface Arrays) zugreifen kann.

Der NVR bietet somit fast unbegrenzten Speicherplatz für eine große Anzahl von Videokanälen. Seine Steuerungssoftware in Form eines Video-Managementsystems erlaubt es, Livebilder und aufgezeichnete Videodaten von beliebigen Kameras anzuzeigen und zu analysieren. Und dies bei einer Bildauflösung von bis zu 5 Megapixel – die entscheidende Stärke von IP-Video im Vergleich zu analogen Systemen.

Denn im Streitfall verlangen die Gerichte, dass bei Videoaufzeichnungen sowohl Personen als auch Vorgänge eindeutig identifizierbar sind. Außerdem muss gewährleistet sein, dass die Aufzeichnungen nicht manipulierbar sind bzw. gefälscht werden können. „Hohe Bildqualität bei hoher Tiefenschärfe auch im Zoom-Modus ist die Grundvoraussetzung für eine eindeutige Ereignisdokumentation“, erklärt Lestra-Geschäftsführer Strangemann.  

Ihre weiteren Vorteile zeigt die Anwendung bei der Echtzeit-Detektion und bei der forensischen Suche – also dem Aufspüren historischer Vorgänge. Zum Beispiel kann sich Cornelius Strangemann mit der Funktion „Bewegungserkennung“ gezielt jene Verkaufsbereiche anzeigen lassen, in denen sich gerade Personen befinden. Er kann einen verdächtigen Kunden über mehrere Kamera-Bereiche hinweg verfolgen. Oder er kann das Videoarchiv anhand von festgelegten Parametern durchforschen. Suchbereich kann etwa der Regalplatz sein, an dem sich ein gestohlener Artikel befand. Es werden alle historischen Videosequenzen herausgefiltert, die der Suchanfrage entsprechen. Laut Strangemann kann aus allen Aufzeichnungen von Kunden, die den fraglichen Artikel aus dem Regal entnommen haben, der Tatvorgang bzw. der Täter ermittelt werden.

Operative Prozesse optimiert

Strangemann schätzt darüber hinaus die Flexibilität und Anwendungsvielfalt des Systems. Dank der Plug & Play-Funktionalität etwa können IP-fähige Kameras problemlos hinzugefügt bzw. entfernt werden. Über Notebook oder iPad kann Strangemann jederzeit mobil auf die Überwachungsbilder zugreifen. Auf den Bildschirmen in der Zentrale lassen sich auch externe Daten einblenden – zum Beispiel eine Kassenabrechnung für den aktuellen Abgleich mit einem tatsächlich gekauften Warenkorb.

Darüber hinaus bietet die Lösung auch Funktionen jenseits der klassischen Überwachung. Zum Beispiel kann man damit Kundenlauf-Analysen durchführen, und die automatische Personenerfassung versetzt in die Lage, bei zu langen Wartezeiten an der Kasse eingreifen zu können. Außerdem können operative Prozesse beobachtet und optimiert werden. „Zum Beispiel haben wir über Video die Arbeitsgänge an den Kassen analysiert und auf dieser Basis Verbesserungen eingeführt“, berichtet Strangemann.

Mitarbeiter „mitnehmen“

Aus dem „sehr vielfältigen und unübersichtlichen Angebot an Hardware und Beratungsdiensten“ hat Strangemann nach den Kriterien Referenzen, Ausfallsicherheit, Servicefähigkeit und Nähe ausgewählt. „Die Service-Infrastruktur des Anbieters muss stimmen“, erklärt der Lestra-Chef. Seine 170 Mitarbeiter hat er von Anfang an in das Projekt einbezogen. In Betriebsversammlungen und zahlreichen Einzelgesprächen hat er seine Pläne erläutert und um Akzeptanz geworben. „Sie müssen mit den Mitarbeitern sprechen, die Ziele erläutern und ihre Bedenken entkräften“, empfiehlt Strangemann.

Nur wenn die Anlage intensiv genutzt wird, kann sich die Investition schnell wieder einspielen.

Cornelius Strangemann

Geschäftsführer Lestra Kaufhaus GmbH, Bremen

Die neue Überwachungsanlage ist bei Lestra seit rund einem Jahr in Betrieb. Die Inventurverluste haben sich in dieser Zeit laut Strangemann um rund eine halbe Million Euro reduziert. Damit hat sich die Investition bereits im ersten Jahr amortisiert. Ein solcher Erfolg allerdings stellt sich nicht automatisch ein. Strangemann: „Nur wenn die Anlage wirklich intensiv genutzt wird, und zwar in Form aktueller Beobachtung und in Form von historischer Recherche, kann sich die Investition schnell wieder einspielen.“ Im Kaufhaus Lestra sind eine Vollzeit- und eine Teilzeitkraft ständig mit der Beobachtung der Kameras und mit der Recherche befasst.

Videoüberwachung im Kaufhaus Lestra

Planung und Installation: Elektro-Feldmann GmbH, Rethem (Aller)

Hardware: Kameras verschiedener Typen (HD-Qualität, mit Wechselobjektiven für Super-Weitwinkel 90 Grad bis zu Tele 15 Grad) der Firma Axis Communications GmbH, Hallbergmoos

Verkaufsfläche: 3.000 Quadratmeter, überwacht durch 130 Kameras

Investitionssumme: unterer sechsstelliger Bereich

Amortisationszeit: 6 Monate