„Wir denken in Generationen, nicht in Quartalsberichten“, sagt Herbert Burkl. „Diese langfristige Betrachtungsweise ist heute etwas Besonderes.“ Etwas Besonderes sollte daher im Jahr 2012 auch der Neubau des Edeka-Supermarktes werden, den Herbert Burkl mit seinem Sohn Tobias im mittelfränkischen Dachsbach betreibt. Vor allem Energieeffizienz und Nachhaltigkeit haben sich die Kaufleute auf die Fahnen geschrieben. Ihr Ziel: ein CO2-freier Supermarkt, der zudem die benötigte Primärenergie selbst erzeugt.

Als die Idee zu diesem Projekt entstand, verfügte der Edeka-Supermarkt Burkl über etwa 1.000 qm Verkaufsfläche an der Erlanger Straße. Der Neubau an der Neustädter Straße sollte zum einen das Platzproblem lösen und zum anderen die Energieeffizienz zur Maxime erheben. Schon an der Erlanger Straße hatte die Familie Burkl beispielsweise Experimente im Bereich Wärmerückgewinnung gemacht und die Abwärme ihrer Kälteanlagen in die Fußbodenheizung gespeist. Für den Neubau mit 2.150 qm Verkaufs- und 3.000 qm Nutzfläche sollten nun Energiekonzept, Gebäudehülle und Haustechnik optimal aufeinander abgestimmt werden.

Bis zu drei Viertel unseres Heizwärmebedarfs beziehen wir über Wärmerückgewinnung der Kälteanlagen.

Tobias Burkl

Kaufmann, Edeka

Besonders einfach war die Lösung im Bereich Strom: Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Neubaus erzeugt rund 340.000 kWh Strom pro Jahr, während der Markt selbst etwa 300.000 kWh verbraucht. Bei der Gebäudehülle sorgt eine 15 cm dicke Styroporschicht für die Außenisolierung. Und da die Familie Burkl keine klassische Fußbodenheizung mehr einbauen wollte, um die Freiheit zu haben, im gesamten Markt bei Umbauten bis zu 15 cm tief unbesorgt in den Boden bohren zu können, wurde in die Bodenplatte eine Industrieflächenheizung in Form eines 1.000 Kubikmeter starken Betonkerns integriert.

Komplex ist die Technik, die über diesen Betonkern sowie über die Lüftung für Heizung und Klimatisierung des Edeka-Marktes sorgt. „Solange in einem Supermarkt eine Heizungsanlage in Betrieb ist und gleichzeitig die Abwärme der Kälteanlage draußen in die Luft geblasen wird, machen wir etwas falsch“, sagt Klaus Bartke von der Firma Hauser, die für Burkl Heizung und Klimatisierung geplant und umgesetzt hat. Da der Neubau über 17 laufende Meter Kühltheke, 45 Meter Wandkühlregale, 47 Meter Tiefkühlinsel sowie 130 qm NK-/TK-Kühlzellen verfügt, lag es für Hauser nahe, die Abwärme der Kälteanlagen zum Herzstück der Heizung zu machen. Dafür wurde die Kältetechnik mit einer integrierten Wärmerückgewinnung und einer Wärmestationen für Kälte- und Wärmeübergabe an das Heizsystem gekoppelt.

„Bis zu drei Viertel unseres Heizwärmebedarfs beziehen wir über die Wärmerückgewinnung der Kälteanlagen“, beschreibt Tobias Burkl die erste Energiebilanz für den im November 2012 eröffneten Neubau. Der restliche Wärmebedarf wird über Geothermie gedeckt: 10 Doppel-U-Sonden mit je 50 m Tiefe sind mit der Kälteanlage verbunden. Daraus können rund 55 kW Heizleistung – bei einer Entzugsleistung von 100 Watt pro Laufmeter – gewonnen werden. Die Wärme wird im Betonkern gespeichert, der so die Supermarktfläche beheizen kann.

Wärmerückgewinnung

Im Sommer hingegen kann nicht nur das Kältemittel über das Erdreich gekühlt, sondern auch überschüssige Wärme ins Erdreich abgegeben werden. Denn die Speichermasse im Fußboden ist ein selbstregulierendes Wärmeverteilungssystem und kann auch Witterungsschwankungen ausgleichen. Um je nach Bedarf rechtzeitig Kälte oder Wärme im Betonkern anreichern und die Klimatisierung passend steuern zu können, ist das System zusätzlich über Meteolink mit einer Wettervorhersageregelung verbunden. Die Steuerung der Heizung ist auch mit jener der Lüftung gekoppelt, damit beispielsweise nicht gleichzeitig der Boden erwärmt und die Luft gekühlt wird. Für Monitoring und Steuerung der Anlagen kommt Software von Wurm zum Einsatz.

Wärmerückgewinnungstechnik bei Edeka Burkl

Wärmerückgewinnungstechnik bei Edeka Burkl

Als zusätzlichen Vorteil der Bodenflächenheizung sieht Tobias Burkl, dass sie kaum Staub aufwirbelt und geräuschlos arbeitet. „Die Kunden schätzen den Komfort der Fußbodenheizung, weil sie ein angenehmes Klima erzeugt – nichts bläst, nichts strahlt“, so Burkl. Zudem benötigt das System laut Burkl weniger Wartung als ein konventionelles System. Dass das Heizen mit Gewerbekältetechnik und Flächenheizung auch den Vergleich mit Luft-Luft-Wärmepumpen nicht scheuen muss, zeigt eine Auswertung der Edeka-Handelsgesellschaft Nordbayern-Sachsen-Thüringen. „Die Beheizung über eine Industrieflächenheizung führt in der Kälteanlage zu keinem signifikanten Mehrverbrauch“, so das Fazit von Heinz Eck vom Fachbereich Gewerbekälte. „Außerdem fallen keine weiteren Energiekosten durch zusätzliche Heizsysteme an.“

Die jährlich möglichen Einsparungen, die Hauser errechnet hat, sind beachtlich. Im Vergleich zu konventionell beheizten und klimatisierten Märkten verbraucht der Edeka-Markt Burkl rund 263.000 kWh thermische und elektrische Energie weniger. Das spart nicht nur 231 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr, sondern auch rund 23.800 Euro Betriebskosten. „Damit ein solches Projekt erfolgreich ist, ist zwingend eine Komplettlösung aus integrierter Planung, Gebäudeleittechnik und Energiemonitoring erforderlich“, sagt Klaus Bartke von Hauser.

Dass die Familie Burkl sowohl Eigentümer als auch Bauherr und Betreiber des neuen Edeka-Marktes ist, hat das innovative Neubauprojekt einfacher gemacht. „Investoren wollen vor allem niedrige Baukosten, Betreiber wollen niedrige Mieten beziehungsweise Nebenkosten. Dieser Konflikt fiel bei unserem Projekt weg“, so Herbert Burkl. Die höheren Baukosten, die nachhaltige und energieeffiziente Gebäude und Techniken mit sich bringen, sieht er entspannt: „Zwar mussten wir zuerst zusätzlich investieren, aber diese Investition wird sich schnell amortisieren – und danach profitieren wir Jahr für Jahr von einem enormen Kostenvorteil.“

Fotos (2): Burkl

Plus-Kühlmöbel: Glastüren für Kunden kein Hindernis

Die Tegut-Kunden akzeptieren die Glastüren an den Kühlregalen (Foto: Remis)

Die Tegut-Kunden akzeptieren die Glastüren an den Kühlregalen (Foto: Remis)

Um knapp 30 Prozent sinkt der Stromverbrauch der kältetechnischen Anlagen, wenn Kühlregale in Lebensmittelmärkten mit Glastüren versehen werden. Zu diesem Ergebnis kommt der Lebensmittelfilialist Tegut nach Abschluss eines entsprechenden Energieeffizienzprojekts.

2010 hat Tegut mit dem Energieeffizienzprojekt „Verglasung der Kühlregale“ begonnen. 3 Jahre und über 80 umgebaute Supermärkte später zieht der Lebensmittelfilialist mit Hauptsitz in Fulda eine positive Bilanz. „Wir haben mit verglasten Kühlregalen unter verschiedenen Gesichtspunkten gute Erfahrungen gemacht“, sagt Detlev Müller, Bereichsleiter für das Energie- und Facilitymanagement. „Glastüren bei Kühlmöbeln sind bei Tegut daher jetzt Standard.“

Die bislang nachgerüsteten Supermärkte haben zwischen 800 und 2.500 qm Verkaufsfläche und verfügen jeweils über 35-40 laufende Meter Kühlregale. Diese Regale wurden mit Drehglastüren und LED-Beleuchtung von der Firma Remis ausgestattet, von der Firma Carrier stammen die Energiesparlüfter und die energetische Optimierung der Kälteanlagen. Der Umbau der Regale war im laufenden Geschäftsbetrieb möglich. Tegut erwartet, dass sich diese Investitionen nach 3,5 bis 4 Jahren rechnen. Denn die Maßnahmen senken den Energieverbrauch – und damit die Energiekosten – deutlich, wie Detlev Müller am Beispiel des Tegut-Supermarktes in Hünstetten demonstriert: Der Stromverbrauch der kältetechnischen Anlagen sank um 29 Prozent. Insgesamt verzeichnet Tegut in den umgebauten Filialen bereits eine Gesamtreduzierung des Stromverbrauchs von 5 Mio. kWh pro Jahr. Und auch die Heizkosten verringern sich, da die Türen ein Vermischen von gekühlter Luft und der normal temperierten Raumluft verhindern.

Weniger Heizkosten

Die fehlende Vermischung der Luftmengen hat Müller zufolge allerdings auch zwei Nachteile: Im Sommer steigen bei geschlossenen Kühlmöbeln die Temperaturen in den Filialen stärker an als gewohnt, außerdem fällt die Entfeuchtung der Luft geringer aus. Beides lasse sich jedoch durch Nachregulierung von Lüftung oder Klimatisierung kompensieren. Und dass für die Beschäftigten ein geringer zeitlicher Mehraufwand beim Verräumen und Reinigen entsteht, wird dadurch ausgeglichen, dass die lästige Verschmutzung der Möbelrückwände sehr viel geringer ausfällt, so Müller.

Wichtiger sind jedoch aus Müllers Sicht die Vorteile, die die Verglasung von Kühlmöbeln über die Energiekostenersparnis hinaus mit sich bringt: Geschlossene Kühlmöbel erzeugen keine Kälte-Inseln in den Märkten, was sowohl Beschäftigte als auch Kunden positiv empfinden. Zudem wird die Sicherstellung der Warenqualität einfacher, da Türen vor UV-Strahlung schützen und eine stabile Kühltemperatur gewährleisten. Und für die Kunden stellen die Verglasungen laut Müller kein Hindernis dar: „Die Türen bestehen zu 95 Prozent aus Glas, daher hat der Kunde weiterhin eine maximale Sicht auf die Produkte“, so seine Erfahrung. „Auch an den Absatzzahlen hat sich nichts geändert.“ Mit kleinen Info-Aufklebern auf den Türen informiert Tegut über die Energieersparnis – und sammelt so bei umweltbewussten Kunden Pluspunkte.