Karten legen zu, Bargeld verliert – dieser langjährige Trend an der Handelskasse hat sich im Corona-Jahr 2020 erwartungsgemäß mit hohem Tempo fortgesetzt: Mehr als 56 Prozent des Einzelhandelsumsatzes entfallen laut neuester EHI-Studie „Zahlungssysteme im Einzelhandel 2021“ inzwischen auf Kartenzahlungen.

Der Bargeldumsatz sank dagegen 2020 um 5,6 Prozentpunkte auf knapp 41 Prozent und damit deutlich stärker als in den Vorjahren: „Die Krise hat den Rückgang des Barumsatzes im stationären Handel um mindestens drei Jahre beschleunigt“, so Studienautor Horst Rüter, der die aktuellen Ergebnisse im Mai auf dem virtuellen EHI Payment-Kongress 2021 vorstellte.

Laut EHI Jahresumfrage haben vier von fünf Handelsunternehmen bargeld- und kontaktloses Bezahlen aufgrund der Pandemie aktiv am POS promotet, beispielsweise durch Aufsteller, Aufkleber und Plakate oder sogar mit separaten „Cards only“-Kassen. Doch auch Marketingaspekte spielen eine wichtige Rolle: Mobile Händler-Apps mit integrierter Bezahlfunktion gelten als vielversprechender Kundenservice. Neben dem digitalen Kassenbon hat das Thema App aus Handelssicht aktuell die höchste Relevanz für das stationäre Geschäft – noch vor Self-Checkout/Self-Payment oder der Möglichkeit, Online-Einkäufe am POS zu bezahlen und umgekehrt.

Kein Wunder also, dass die Zahl digitaler Bezahl-Apps immer weiter steigt. Seit wenigen Wochen bietet beispielsweise auch der Discounter Lidl das mobile Bezahlen mit Lidl Pay an. Doch die Payment-Studie zeigt auch: Der Vielfalt an digitalen Bezahlmöglichkeiten zum Trotz geht nach wie vor kaum ein Kunde ohne Bargeld aus dem Haus. Gemessen an der Zahl der Transaktionen werden zwei von drei Einkäufen weiterhin bar bezahlt. Während viele Banken Filialen schließen und Geldautomaten abbauen, bieten Service-Leistungen rund um die Bargeldversorgung im Handel deshalb neue attraktive Möglichkeiten der Kundenbindung.

Provision statt Gebühr

So berichtete Katrin Schweisfurth von dm Drogeriemarkt auf dem Payment-Kongress von der erfolgreichen Kooperation der Karlsruher Drogeriemarktkette mit Viafintech. Bereits seit 2013 bietet dm deutschen Kunden gemeinsam mit dem Berliner Start-up die Möglichkeit, an der Ladenkasse verschiedenste Rechnungen bar zu bezahlen, beispielsweise Einkäufe in diversen Onlineshops oder ihre Stromrechnung.

Die einfach via API zu integrierende Lösung basiert auf einem Barcode, der an der Handelskasse gescannt wird und eignet sich für unterschiedlichste Anwendungen vom Aufladen des Amazon-Kontos, über Strafzettel bis zur Notauszahlung an Bedürftige durch die Bundesagentur für Arbeit. Kund:innen der Direktbank N26 können zudem bei teilnehmenden Händlern nicht nur Geld vom Konto abheben, sondern auch einzahlen. Im Gegensatz zum kostenpflichtigen Cashback-Service der Kreditwirtschaft zahlt Viafintech den Handelsunternehmen für die erbrachten Serviceleistungen sogar eine kleine Provision.

Laut Kartrin Schweisfurth wird der digitale Service rund ums Bargeld von den Kunden gut angenommen. Auf dem Payment-Kongress sprach sie von einer Million Transaktionen. Zwar habe es 2020 aufgrund der Corona-Situation eine vorübergehende Bargelddelle gegeben, so die Fachverantwortliche für Zahlservices und Zahlungsverkehr bei dm in Karlsruhe, doch: „Wir gehen davon aus, dass die Kurve weiter ansteigt.“