Instant Payments sind Echtzeitüberweisungen von Konto zu Konto. Trotz der Bemühungen der EU und der Europäischen Zentralbank, diese Bezahlart zu fördern, sind mit Stand Oktober 2023 erst 28 Prozent der europäischen Banken, die am SEPA-Verfahren teilnehmen, über SEPA Instant Payment erreichbar (Quelle: CPG Finanz Systems). Im Juni 2023 machte die Echtzeitüberweisung weniger als 16 Prozent aller europäischer SEPA-Überweisungen aus (Deutschland: 42 Prozent). Vor allem hohe Transaktionspreise sind dafür verantwortlich, dass Instant Payment bislang nicht über die Rolle eines Nischenprodukts hinauskam. Das soll sich nun ändern. Um Schwung in die Transformation zu bringen, haben EU-Kommission und der Rat der EU-Staaten nun entschieden, dass Instant Payments für Banken und andere Zahlungsdienstleiter, die Standardüberweisungen in Euro anbieten, zur Pflicht werden.

Herr Gladis, mit Inkrafttreten der PSD II Richtlinie wurde 2019 der Grundstein für Open Banking gelegt. Nach den Vorstellungen der EU-Kommission sollte Open Banking der Bezahlart Instant Payment zum Durchbruch verhelfen, um den Wettbewerb der Bezahlsysteme im Euroraum zu beschleunigen. Die Echtzeitüberweisung hat sich allerdings als Bezahlart nie richtig durchsetzen können. Was sind die Gründe?

Die Echtzeitüberweisung hat sich schon ohne Open Banking mit der Marktdurchdringung schwergetan. Aufgrund des zögerlichen Einstiegs vieler Banken war sie zunächst auf Absenderseite oft nicht verfügbar. Und selbst wenn die Hausbank dazu in der Lage war, konnte man sich nicht darauf verlassen, dass jede Empfängerbank die Zahlung annehmen kann. Eine sehr unterschiedliche Bepreisung – bisweilen völlig überhöht – hat das Vertrauen ebenfalls geschwächt. Außerdem ist das Geld mit der normalen SEPA- Zahlung auch angekommen – nur etwas langsamer. Sichtbar für den Bankkunden ist aber nur der Geldabfluss am Buchungstag; und der hat sich nicht geändert. Auch bleibt die Banküberweisung im Onlinehandel eine Vorkasse – das mag nicht jeder, auch nicht mit Echtzeitüberweisung.

Die EU-Kommission hat im November 2023 entschieden, dass Banken in Zukunft Echtzeitzahlungen annehmen müssen. Welche Auswirkungen wird diese Zwangsregulierung für die Bezahlsysteme im Einzelhandel haben? Bedeutet das den Durchbruch von Instant Payment?

Damit entfallen zwei Unsicherheiten, nämlich über die Verfügbarkeit der Echtzeitüberweisung seitens der Kundenbank und über die Kosten. Doch für einen Durchbruch braucht es mehr. Vor allem auch Offenheit im Handel: Die Kosten einer Banküberweisung sind niedriger als bei der Kartenzahlung oder bei Paypal, die Sicherheit höher. Hier liegt eine Chance, Kosten und Risiko zu senken, und dafür sollte der Handel durchaus einen Anreiz geben, um die Abneigung gegen eine Vorabzahlung zu überwinden.

Für den Händler bedeutet Instant Payment eine Beschleunigung der Liquidität, doch welche Motivation haben Kund:innen, die Bezahlart Echtzeitüberweisung zu nutzen? Wo liegt der Mehrwert?

Die Zahlung per Open Banking ist einfach und entspricht der Gewohnheit der Kundschaft: Es wird keine Karte benötigt, das Bankkonto reicht und die Transaktion sieht aus wie immer, wenn die eigene Bank im Spiel ist. Über die Zahlung wacht der europäische Datenschutz und mit dem Limit von 100.000 Euro lassen sich auch größere Beträge sicher bezahlen, die den Verfügungsrahmen einer Karte übersteigen würden. Die schnelle Bezahlung sollte eine schnelle Lieferung auslösen, dafür müssen die Systeme des Handels allerdings auch vorbereitet sein. Der schnelle Blick aufs Konto im Fulfillment ist dann Pflicht. Es bringt wenig, wenn die Überweisung zehn Sekunden dauert, aber nur einmal am Tag die Zahlungseingänge ausgelesen werden.

Der Betrag wechselt innerhalb von zehn Sekunden das Konto, die Ware wird aber erst Tage später geliefert. Was passiert, wenn Kund:innen beim E-Commerce vom Kauf zurücktreten will wegen Lieferverzug oder anderer Gründe? Wer soll sich um die Belange der Kundschaft kümmern, die Banken oder die Händler? Oder wer könnte hier eine Mittlerrolle übernehmen?

In diesem Punkt wird der Abstand zur Kreditkartenzahlung am deutlichsten. Die Kartenorganisationen haben mit dem Chargeback eine relativ einfache Rückabwicklungsmöglichkeit geschaffen. Auch Paypal ist hier stark. Bei der Echtzeitüberweisung ist der Kunde oder die Kundin ganz auf den Goodwill des Händlers angewiesen. Die Banken sind nicht für die Mittlerrolle aufgestellt, die Händler sind Teil des Geschäfts und können daher nicht zugleich Schiedsrichter sein. Hier werden sich erst noch Strukturen finden müssen, die in beide Richtungen vermitteln, und das wird dann auch zusätzliche Kosten für die Zahlart mit sich bringen.

Bieten Open Banking und Instant Payment für den Handel Ansatzpunkte zur Individualisierung, zum Beispiel durch Integration eines eigenen Brandings?

Absolut. Es gibt Open-Banking-Angebote, die nicht selbst Endverbrauchermarke werden möchten, sondern sich als White Label für den Handel einbinden lassen. Mit ihnen können Händler das Vertrauen nutzen, das ihnen Kund:innen beim Einkauf entgegenbringen, und sich auch beim Bezahlen als Marke positionieren. Darin liegt eine der Stärken dieses Verfahrens.