Die neue Verbraucherschutzrichtlinie soll vor Verschuldung schützen, indem sie eine verpflichtende Bonitätsprüfung vor der Nutzung eines BNPL-Angebots vorsieht. BNPL-Optionen ermöglichen es den Kund:innen, ihre Rechnungen in Raten zu bezahlen oder das Zahlungsziel zu verlängern. Sie sind in den letzten Jahren sowohl im Online- als auch im stationären Handel vor allem bei jungen Menschen immer beliebter geworden: Wie etwa der Schufa Jugend-Finanzmonitor 2022 zeigt, hat fast die Hälfte der befragten 16- bis 25-Jährigen die BNPL-Funktion bereits genutzt. Allerdings haben 40 Prozent dieser Gruppe bereits die Zahlungsfristen versäumt und wurden gemahnt, während 18 Prozent ihre Schulden nicht begleichen konnten.

Geänderte Kreditwürdigkeitsprüfung

Trotz dieser negativen Aspekte haben BNPL-Services wie Klarna den E-Commerce deutlich verbessert. Onlineshops können ihren Kundinnen und Kunden eine zusätzliche Zahlungsmöglichkeit und damit mehr Flexibilität und Sicherheit bieten. Auch die Shop-Betreiber profitieren von der Nutzung der BNPL-Dienste. Da das Ausfallrisiko auf den Zahlungsdienstleister übertragen wird, müssen sie nicht befürchten, auf unbezahlten Rechnungen sitzen zu bleiben.

Vor wenigen Monaten sorgten junge Tiktok-Nutzer:innen unter dem Hashtag #klarnaschulden für Aufsehen, als sie um den höchsten Klarna-Schuldenberg wetteiferten.

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Foto: PhotoMIX Company

Die Verbraucherrichtlinie regelt bislang lediglich die Vergabe von Krediten bis zu 100.000 Euro. Die neue EU-Richtlinie sieht nun auch für Beträge unter 200 Euro eine Kreditwürdigkeitsprüfung vor. Außerdem sollen zinslose Kredite mit einer Laufzeit von bis zu drei Monaten geregelt und Verbraucher:innen vor überhöhten Kosten bei Zahlungsausfall geschützt werden.

Technische Analyse

Eine Bonitätsprüfung vor dem Kauf kann ein bisher reibungsloses Kundenerlebnis beeinträchtigen. Shop-Betreiber sollten daher zunächst überlegen, ob ein BNPL-Service für ihre Kunden wirklich notwendig ist. Dabei ist es wichtig, sich auf die umsatzstärksten Käufergruppen zu konzentrieren und deren Zahlungsverhalten zu berücksichtigen. Darüber hinaus sollten Händler die angebotenen Produkte und das Preissegment bewerten. Je exklusiver und teurer das Sortiment, desto mehr Zahlungsarten sollte ein Onlineshop anbieten, um den Kundenbedürfnissen gerecht zu werden.

Vor allem hängt das zukünftige Angebot an BNPL-Lösungen stark von der Architektur des Onlineshops und des E-Commerce-Systems ab. Eine nahtlose Integration der Bonitätsprüfung ist unerlässlich und erfordert eine gründliche Analyse des technischen Set-ups des Shops sowie der Möglichkeit, technische Add-ons in die bestehende Architektur zu implementieren. Um eine reibungslose Umsetzung zu gewährleisten, sollten Händler gegebenenfalls mit Unterstützung eines Dienstleisters die strategische Ausrichtung und die technische Konzeption des Onlineshops überprüfen.

Gastautor Patrick Scherr ist studierter Betriebswissenschaftler und Gründer der Y1 Digital AG.