Der Anteil der Verluste durch Diebstähle seitens Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten und Servicekräften beträgt insgesamt 3,75 Mrd. Euro. Der daraus resultierende volkswirtschaftliche Schaden durch Mehrwertsteuerausfälle beläuft sich auf rund. 510 Mio. Euro im Jahr. Im Jahresvergleich 2018 zu 2017 sind die durchschnittlichen Inventurdifferenzen gestiegen. In branchengewichteter Hochrechnung für den gesamten deutschen Einzelhandel bedeutet dies einen Anstieg der Inventurverluste von 4,1 auf 4,3 Mrd. Euro. Das durchschnittliche Niveau der Inventurdifferenzen liegt bei den befragten Unternehmen 2018 bei 0,63 Prozent (Vorjahr 0,61 %), bewertet zu Einkaufspreisen in Relation zum Nettoumsatz.

Inventurdifferenzen 2017 und 2018

Inventurdifferenzen 2017 und 2018
Foto: EHI

Bewertet zu Verkaufspreisen in Relation zum Bruttoumsatz entspricht dies in branchengewichteter Hochrechnung einem Wert von durchschnittlich genau 1,00 Prozent des Umsatzes. Ferner investiert der Handel jährlich rund 1,45 Mrd. Euro in Präventions- und Sicherungsmaßnahmen, um seine Waren vor Diebstahl zu schützen. Insgesamt gehen dem Handel damit durch Inventurdifferenzen und Investitionen in Sicherheitsmaßnahmen rund 1,34 Prozent seines Umsatzes verloren.

Im gesamten deutschen Einzelhandel summieren sich auf Basis eines stationären Einzelhandelsumsatzes von 430 Mrd. Euro pro Jahr die zu Verkaufspreisen bewerteten Inventurdifferenzen auf 4,3 Mrd. Euro. Nach Einschätzung der Händler sind auf Ladendiebstähle durch Kunden rund 2,38 Mrd. Euro zurückzuführen. Den eigenen Mitarbeitern wird gut eine Milliarde angelastet. Bei ca. 2,5 Mio. Beschäftigten im Einzelhandel beträgt der „durchschnittliche statistische Schaden“ pro Mitarbeiter rund 400 Euro im Jahr. Daran lässt sich erkennen, dass wenige unehrliche Mitarbeiter enorme Schäden verursachen, während bei Kundendiebstählen die Häufigkeit der Taten zu dem deutlich höheren Gesamtschaden führt. Statistisch gesehen entfällt auf jeden Haushalt in Deutschland jährlich ein Warenwert von fast 60 Euro, der nicht bezahlt wird. Auf den Lebensmittelhandel projiziert bedeutet dies, dass nach wie vor rund jeder 200. Einkaufswagen unbezahlt die Kasse passiert.

Organisatorische Mängel

Ein weiterer Posten der Inventurdifferenzen, nämlich 560 Mio. Euro entsteht durch organisatorische Mängel wie zum Beispiel durch fehlerhafte Preisauszeichnungen oder nicht erfasster Bruch und Verderb. Lieferanten und Servicekräften werden 350 Mio. Euro an Warenverlusten im Jahr zugerechnet.

Anteile Inventurdifferenzen in Mio. Euro (absolut)

Anteile Inventurdifferenzen in Mio. Euro (absolut)
Foto: EHI

2018 sind die angezeigten Ladendiebstähle laut polizeilicher Kriminalstatistik um 4,1 Prozent zurückgegangen auf insgesamt 339.021 Fälle (Vorjahr 353.384). Während die Zahl der einfachen Ladendiebstähle seit 1997 nahezu kontinuierlich gesunken ist, haben sich schwere Ladendiebstähle in den letzten 12 Jahren nahezu verdreifacht. Bei schwerem Diebstahl handelt es sich um Taten mit höherer krimineller Energie, weil zum Beispiel Warensicherungen überwunden werden. Hinzu kommt eine deutlich spürbare Zunahme von organisierter Bandenkriminalität, die zwar häufig kurz nach der Tat erkannt, aber in den seltensten Fällen angezeigt werden kann. Durch die hohe Dunkelziffer von über 98 Prozent besitzt die Statistik nur eine eingeschränkte Aussagefähigkeit.

Aus dem durchschnittlichen Schaden aller angezeigten Diebstähle und dem tatsächlichen Schaden im Handel ergibt sich, dass jährlich rechnerisch über 23 Mio. Ladendiebstähle mit einem Warenwert von je 100 Euro unentdeckt bleiben.

Im Durchschnitt aller Branchen gibt der Handel mittlerweile 0,34 Prozent vom Umsatz für Sicherheitsmaßnahmen aus. Darin sind Kosten für Artikelsicherungsmaßnahmen, Kameraüberwachung, Detektiveinsätze, Testkäufe und Schulungsmaßnahmen sowie sonstige Sicherheitsmaßnahmen wie etwa diebstahlhemmende Verkaufsträger oder Softwareanalyse-Tools zur Datenauswertung enthalten. Damit gibt der Einzelhandel insgesamt jährlich 1,45 Mrd. Euro zur Reduzierung von Inventurdifferenzen aus.

EHI-Studie: Inventurdifferenzen 2019

Die Untersuchung ermittelt durchschnittliche Inventurdifferenzen und deren Verursacher, dokumentiert die Kriminalitätsentwicklung und Präventionsmaßnahmen des Handels.

Interne Kosten

Die gesamten Kosten für Inventurdifferenzen sowie deren Vermeidung betragen damit jährlich 5,75 Mrd. Euro. Interne Personalkosten etwa für Revisionsabteilungen sowie anfallende Tätigkeiten wie die Anbringung und Deaktivierung/Entsicherung von Warensicherungen, Bestandskontrollen, interne Schulungen, Datenanalysen, Kamerabeobachtungen, Diebstahlanzeigen etc. sind darin jedoch noch nicht enthalten. Diese belaufen sich bei vorsichtiger Schätzung auf weitere 1,35 Mrd. Euro pro Jahr.

Angezeigte Ladendiebstähle (Polizeiliche Kriminalstatistik) in Deutschland

Angezeigte Ladendiebstähle (Polizeiliche Kriminalstatistik) in Deutschland
Foto: Polizeiliche Kriminalstatistiken, Kennziffer 326* - einfacher Ladendiebstahl + Kennziffer 426* - schwerer Ladendiebstahl

Die Ausweitung und Modernisierung von Kamerasystemen liegen weiter im Trend. Auch warenwirtschaftliche Datenanalysen zur Erkennung von diebstahlgefährdeten Artikeln und internen Schwachstellen sowie Kassendatenanalysen haben nach wie vor hohe Priorität. Ständige Schulung und Sensibilisierung des Personals gelten weiterhin als wichtige Präventionsmaßnahmen. Artikelsicherungen, primär in Form von elektronischen Warensicherungen oder mechanischen Sicherungen, aber auch der Einsatz von diebstahlhemmenden Verkaufsträgern werden ebenfalls ausgeweitet.

Zwar schätzen die befragten Handelsunternehmen das Niveau ihrer Inventurdifferenzen als „akzeptabel“ ein. Dennoch: Rund drei Viertel der Unternehmen halten 2019 ihr Budget für Präventions- und Sicherungsmaßnahmen konstant. Jedes achte der befragten Unternehmen stockt sein Sicherheitsbudget auf. Dass das Bedrohungspotenzial durch Kundendiebstahl und Mitarbeiterdelikte unverändert hoch ist, belegen die Einschätzungen zur Kriminalitätsentwicklung im Handel. Nach wie vor sieht der Handel die größten Probleme durch eine weitere Ausweitung des organisierten Ladendiebstahls und der zunehmenden Gewaltbereitschaft potenzieller Ladendiebe auf sich zukommen.

An der aktuellen Untersuchung beteiligten sich 95 Unternehmen bzw. Vertriebsschienen mit insgesamt 22.551 Verkaufsstellen, die einen Gesamtumsatz von rund 98,3 Mrd. Euro erwirtschafteten. Die durchschnittliche Verkaufsfläche der beteiligten Geschäfte beträgt 1.240 qm.

Weitere Informationen: Frank Horst/horst@ehi.org