Videotechnik im Handel: Datenschutz beachten | stores+shops

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Foto: iStock/JIRAROJ PRADITCHAROENKUL

Videotechnik im Handel: Datenschutz beachten

Vor gut einem halben Jahr ist die neue europäische Datenschutz-Grundverordnung in Kraft getreten. Im Gespräch mit stores+shops technology erläutern Experten von vier Herstellern von Videosystemen, wie sich das neue Datenschutzgesetz auf die Nutzung der Videotechnik im Handel auswirkt.

Laut EHI-Studie setzten im Jahr 2017 mehr als drei Viertel der befragten Unternehmen Kamera- und Video-Sicherheitstechnik ein. Die Handelsunternehmen nutzen die installierten Kameras vor allem zum Schutz vor Diebstählen. Nur wenige Händler nutzen bereits die Möglichkeit, durch eine Analyse der Videoaufzeichnungen an Informationen zu gelangen, die zur Optimierung des Ladens, von Verkaufsstrategien oder dem Einsatz des Personals hilfreich sein könnten. Möglich ist etwa, mithilfe der Technik Laufwege der Kunden nachzuverfolgen oder in Kombination mit Informationen über die Verweildauer in bestimmten Bereichen des Ladens nachzuvollziehen, welche Produkte besonders attraktiv sind. Darüber hinaus ist es möglich, anhand von Videodaten demografische Daten zu Alter und Geschlecht der Kunden zu sammeln und mit anderen Informationen in Beziehung setzen.

Bei solcherart zusätzlich gewonnenen Informationen handelt es sich um personenbezogene Daten der Kunden, und die unterliegen seit Mai 2018 – mit dem Inkrafttreten der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des neuen Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG-neu) – einer besonderen Sorgfaltspflicht. So stellen die neuen Gesetze beispielsweise höhere Anforderungen an die Transparenz bei der Verarbeitung der Daten sowie an den Datenschutz und die Datensicherheit.

Die DSGVO selbst enthält allerdings keine spezifischen Regeln zur Videoüberwachung. „Die Beschreibungen für den Einsatz von Kameras und die Aufnahme von Bildern sind in der Verordnung sehr vage“, sagt Pieter van de Looveren, Direktor Marketing Communication Video Systems bei Bosch Building Technologies. Im Handel sei daher die Verunsicherung groß, welche Konsequenzen die neue Verordnung für den Einsatz von Videoüberwachungssystemen haben.

Legitimes Interesse

„Einige Auswirkungen der DSGVO sind jedoch unstrittig“, sagt der Bosch-Experte. So müssen die Betreiber von Systemen zur Videoüberwachung ihre Kunden und Mitarbeiter deutlich sichtbar auf die Nutzung der Technik hinweisen. „Solange es ein legitimes Interesse gibt, wie beispielsweise der Schutz vor Warendiebstahl, ist es erlaubt, Videobilder aufzunehmen“, erläutert van de Looveren. Allerdings müssen die Unternehmen in der Lage sein, den Betroffenen jederzeit Auskunft darüber zu geben, welche Informationen aufgenommen und gespeichert werden.

Viele Supermärkte und kleinere Läden arbeiten bei der Videoüberwachung auch heute noch mit analogen Kameras. „Da mit diesen Geräten keine Übertragung von Daten möglich ist, ist der Datenschutz für diese Unternehmen viel leichter zu realisieren“, erläutert Ulrich Dörr, Datenschutzexperte bei Mobotix. Für sie komme es vor allem darauf an, die Sicherheit der Daten zu garantieren. Dazu müssen die Händler vor allem die Zugriffsrechte verbindlich regeln, sodass nur autorisierte Mitarbeiter auf die Daten zugreifen können. Und: Die Anwender müssen festlegen, wie lange die Daten gespeichert werden dürfen.

Gegenüber analogen Kameras bieten digitale Videoüberwachungssysteme eben auch die Vielzahl der genannten zusätzlichen Funktionen. Die meisten Hersteller sorgen bereits bei der Entwicklung der Geräte dafür, dass vertrauliche oder personenbezogene Daten vor Manipulation, Verlust oder unberechtigtem Zugriff geschützt werden.

Organisatorische Maßnahmen

Doch die Technik ist nur die eine Seite. Datenschutz ist auch eine organisatorische Aufgabe. Die meisten Hersteller unterstützen ihre Kunden mit Empfehlungen bei der Planung und Installation der Anlagen und geben Tipps, worauf sie achten sollten. So sollten Händler beim Einsatz der Kameras zum Diebstahlschutz im Kassenbereich unbedingt prüfen, ob Arbeitsplätze im Blickfeld der Kameras sind, sagt Edwin Roobol, Regional Director Middle Europe bei Axis Communications. „Hier empfiehlt sich die Verpixelung von Personen und die permanente Maskierung sensibler Bereiche“, rät Roobol. So sollten bei der Nutzung der Videoüberwachungsanlagen zu Marketingzwecken Personen generell automatisch verpixelt werden. „Denn wenn die Kunden unkenntlich sind, sinkt das datenschutzrechtliche Risiko der Aufzeichnungen“, so der Axis-Experte. Handlungen, Verweilzeiten und Laufwege seien dann immer noch erkennbar und nachvollziehbar.

Handelt es sich um eine systematische und umfangreiche Überwachung, sollte eine Prüfung im Rahmen einer Datenschutz-Folgenabschätzung durchgeführt werden. Den Zweck der Überwachung definieren – was man sehen will – und die Installation entsprechend zuschneiden. „Die Entscheidung für die Kamera kommt erst zum Schluss“, sagt Mobotix-Datenschutzexperte Dörr. Denn es komme ja nicht auf die Kameratechnik als solche an, sondern auf den konkreten Einsatz im Einzelfall. Dabei hat laut Dörr stets eine datenschutzrechtliche Abwägung stattzufinden. Nicht selten stelle sich heraus, dass auch einfachere Lösungen zum Ziel führen: „dass beispielsweise Hochleistungskameras in bestimmten Bereichen gar nicht erforderlich sind, sondern einfache Kameras mit starrer Ausrichtung und festem Bildwinkel völlig ausreichen“, so Dörr.

Auf einen Aspekt, der oft nicht berücksichtigt wird, weist Thomas Achter hin, der beim Anbieter Dallmeier Experte für die Planung und Projektierung von Videosicherheits- und Videoinformationsanalgen ist. „In komplexeren Videoüberwachungssystemen verbinden sich die Kameras über das Netzwerk. Daher muss die Datenübertragung unbedingt vor fremden Zugriff geschützt werden. Diese Gefahr wird selten erkannt“, so Achter. Unternehmen sollten bereits bei der Planung von Videoüberwachungssystemen durch eine komplette physische Trennung von Unternehmensnetzwerk und Videosystem potenziellen Cyber-Risiken proaktiv vorbeugen, so der Dallmeier-Experte.

Analog oder digital?

Netzwerk-/IP-Videosysteme nehmen auch im Handel immer mehr zu. Der Anteil an digitaler Überwachungstechnik wächst zwar langsam, dafür aber stetig.

Das zeigt eine Auftragsstudie des EHI aus dem Jahr 2015 für den Anbieter Axis Communications. Zu dem Zeitpunkt setzten bereits etwas mehr als 58 Prozent der befragten Handelsunternehmen auf digitale Systeme. Der Nutzeranteil reiner Netzwerk-/IP-Systeme wuchs im Vergleich zum Vorjahr um 1,4 Prozentpunkte, während der Anteil reiner Analog-Kameras marginal zurückging. Nur rd. 18 Prozent der Händler setzten rein analoge Systeme ein, und der kombinierte Einsatz analoger und Netzwerk-/IP-Technologie aus Gründen des Investitionsschutzes lag bei etwa 24 Prozent.

Die Prävention von Ladendiebstahl ist immer noch der Hauptgrund für den Einsatz von Videoüberwachungssystemen im Einzelhandel – über 80 Prozent der Unternehmen nutzen die offene Kameraüberwachung primär für diesen Zweck. Nur wenige Handelsunternehmen setzen die Netzwerk-/IP-Videosysteme für andere Anwendungen ein wie beispielsweise zur Personenzählung oder zur Erfassung des Kundenverhaltens. So gaben rd. 24 Prozent der Befragten an, mithilfe der digitalen Videotechnik die Anzahl der Kunden pro Tag zu zählen. Knapp 19 Prozent nutzen die von den Systemen zur Verfügung gestellten Informationen für das Management von Warteschlangen und rd. 13 Prozent zur Analyse von Laufwegen.

Auf der sicheren Seite

5 Tipps für eine Datenschutz-konforme Nutzung von Videoüberwachungssystemen:

Deutliche Hinweise an die Kunden. Beim Einsatz von Videoüberwachungssystemen zur Diebstahlprävention müssen Handelsunternehmen ihre Kunden über die Erhebung von personenbezogenen Daten bereits beim Betreten des Ladens deutlich aufmerksam machen. Sie müssen darüber hinaus in der Lage sein, den Betroffenen jederzeit Auskunft darüber zu geben, welche Informationen aufgenommen und gespeichert werden.

Verpixelung von Personen und Maskierung sensibler Bereiche. Wenn Videosysteme zur Zählung von Personen, zur Erfassung des Kundenverhaltens oder für das Warteschlangenmanagement im Kassenbereich genutzt werden, sollten intelligente Filter eingesetzt werden, die erkennbare Personen automatisch verpixeln. Die Funktion „Private Zonen“ ermöglicht es, ganze Bildbereiche zu schwärzen, um die Verletzung persönlicher Schutzinteressen zu verhindern. Eine nachträgliche Herstellung dieser Bildinhalte ist nicht möglich.

Protokollierung und Reporting. Je nach gefordertem Datenschutz-Level sollten Unternehmen Mitarbeiter, die Zugang zu den Videoüberwachungssystemen haben, mit verschiedenen Zugriffsrechten ausstatten. Auf Detailbilder, auf denen Personen erkennbar sind, darf nur eine ausgewählte Benutzergruppe zugreifen. Wer wann auf welche Daten Zugriff hatte, muss protokolliert werden.

Zeitlich begrenzte Aufzeichnung. Es werden nur relevante Daten für einen definierten Zweck gespeichert. Für jede Kamera sollte zusätzlich eine maximale Speicherdauer definiert werden. So werden im laufenden Betrieb alle älteren Bilder permanent automatisch gelöscht.

Daten im Netzwerk schützen. Verschlüsselungstechnik und ein sicheres Authentifizierungsverfahren schützt vor unberechtigtem Zugriff. Für die Übertragung und Speicherung der Daten im Netzwerk werden nur vertrauensvolle Partner ausgewählt.

 

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