Viele Retailer delegieren ihren Winterdienst an externe Anbieter, in der Erwartung, damit sowohl operative Belastungen als auch die Verantwortung vollständig abzugeben. Dabei entscheidet die Qualität des gewählten Dienstleisters über den realen Schutz, und im Fall von Versäumnissen drohen erhebliche Folgekosten. Juristisch ist die Lage klarer, als sie im Alltag erscheint: Zwar obliegt die Verkehrssicherungspflicht zunächst den Eigentümern eines Gebäudes, faktisch wird sie jedoch in Mietverträgen regelmäßig auf die Nutzenden und damit auch auf die Händler übertragen. Diese sind dann verpflichtet, Räum- und Streuarbeiten fristgerecht auszuführen, Kontrollpflichten wahrzunehmen und Gefahrenstellen zu beseitigen.
Viele Händler übertragen diese Aufgabe deshalb an externe Winterdienstunternehmen, die zwar mit der Übernahme der Haftung werben, doch diese Zusage ist oft nur begrenzt belastbar. Im Schadensfall prüfen Gerichte detailliert, ob Auftraggeber ihrer Überwachungspflicht nachgekommen sind, und ob erkennbar war, dass der Dienstleister nicht oder nicht ordnungsgemäß tätig wurde.
Digitale Lagepläne

Wichtig ist eine lückenlose Einsatzdokumentation des jeweiligen Dienstleisters
Foto: Echolot PR
Entscheidend bei der Überprüfung des Dienstleisters ist zunächst, ob Räum-, Streu- und Reinigungsleistungen tatsächlich den vertraglichen Zusagen entsprechen. Ein professioneller Anbieter beschränkt sich nicht darauf, Schnee und Eis zu beseitigen, sondern sorgt auch für die Entfernung von Rückständen wie Splitt oder Sand. Diese können selbst zur Gefahrenquelle werden oder gegen kommunale Vorgaben verstoßen, etwa wenn bestimmte Mittel in Gewässernähe verboten sind. Daher sollten die Auftraggeber sicherstellen, dass der Dienstleister lokale Satzungen kennt, diese im Vertragswerk abbildet und regelmäßige Schulungen seiner Mitarbeitenden durchführt.
Ebenso wichtig ist die präzise Flächenabgrenzung. Moderne Winterdienste arbeiten mit digitalen Lageplänen, die genau definieren, welche Bereiche zu räumen sind und wo besondere Risikopunkte liegen. Solche Pläne verhindern Missverständnisse zwischen Auftraggeber und Dienstleister und dienen zugleich als Absicherung im Streitfall. Darüber hinaus ist eine lückenlose Einsatzdokumentation wichtig. Digitale Systeme wie GPS-Tracking, Echtzeitprotokolle oder automatisierte Zeitstempel bieten Retailern die Möglichkeit, die tatsächliche Ausführung jederzeit nachzuverfolgen. Gerade im Schadensfall ist eine solche Dokumentation oft das wichtigste Beweismittel.
Regionale vs. überregionale Anbieter
Wer noch keinen Dienstleister hat oder einen Wechsel in Betracht zieht, sollte die Anbieterlandschaft bewusst bewerten. Die Entscheidung zwischen regionalen und überregionalen Anbietern ist dabei ein zentraler Punkt. Regionale Unternehmen verfügen häufig über gute Ortskenntnis, kennen kommunale Vorgaben und haben kurze Wege, stoßen jedoch in extremen Wetterlagen oftmals an Kapazitätsgrenzen. Überregionale Anbieter arbeiten hingegen meist mit lokalen Partnerbetrieben zusammen, nutzen standardisierte Prozesse und setzen vermehrt auf digitale Systeme wie GPS-gestützte Streufahrzeuge oder Echtzeitdokumentation. Für Filialisten mit mehreren Standorten kann diese Struktur entscheidend sein, da sie eine einheitliche Qualitätssicherung und eine verlässliche Dokumentation ermöglicht.
Im Sommer die Weichen stellen
Ein weiterer Orientierungspunkt sind die seit 2007 gültigen DIN-Vorgaben für Fahrzeuge, Werkzeuge und Methoden im Winterdienst, die öffentlich einsehbar sind. Sie geben Aufschluss über technische und fachliche Standards und unterstützen die Bewertung der Leistungsfähigkeit eines Anbieters. Je klarer diese Punkte vertraglich geregelt sind, desto geringer ist das Risiko späterer Konflikte oder ungeklärter Haftungsfragen.
Die entscheidenden Weichen werden idealerweise im Sommer gestellt, damit genügend Raum für gründliche Prüfung, klare Vertragsgestaltung und belastbare Abstimmungen bleibt. Wer die rechtlichen Anforderungen kennt und frühzeitig handelt, kann präziser beurteilen, ob ein Anbieter zuverlässig arbeitet, korrekt dokumentiert und die eigenen Kontrollpflichten unterstützt.
Gastautor Christoph Rieboldt ist Head of Facility Management bei der Seybold GmbH.

