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Strategien sind wichtiger als Trends an sich

Jedes Jahr aufs Neue wird die Frage gestellt, was die Trends für das nächste Jahr sind. Die Gegenfrage müsste aber lauten: Wenn Trends jedes Jahr neu sind, handelt es sich nicht um Moden? Was wird uns wirklich in den kommenden Jahren bewegen?

Das Studium der Trendbotschaften von Beratungsunternehmen, US-amerikanischen Marktforschungsinstituten wie Gartner oder Forrester, vom EHI Retail Institute oder anderen fördert eine Reihe von Themen hervor: Filial-WWS und POS-Software, Big Data und In-Memory-Computing, ERP-Systeme und Multichannel-Anpassung, Virtualisierung und Cloud Computing, Web 2.0 und Mobility, Outsourcing, Security-Management, Enterprise Collaboration, Data Quality Management und Master Data Management. Die Themen scheinen ungeordnet und auch nicht immer handelstauglich zu sein.

Ein Handelsmanager käme traditionell nicht in den Verdacht, derartige Wörter zu verwenden. Bei der Betrachtung der Trends der letzten Jahrzehnte ist es besonders bedeutsam, dass viele Trends für einen bestimmten Zeitraum erforderlich waren, da sie der Überwindung von Technologierestriktionen dienten: zu wenig Speicher, zu wenig Rechenleistung, zu heterogener GUI-Zugang, zu heterogene Applikationslandschaft etc.

IT wird mehr und mehr zum zentralen Bestandteil einer marktorientierten Unternehmensführung.

Prof. Dr. Reinhard Schütte

Professor für Informationsmanagement und Handelsinformationssysteme, Zeppelin Universität Friedrichshafen

Viele Begrenzungen in der Vergangenheit waren schmerzhaft und konnten auch durch eine IT-Strategie nicht vermieden werden. Einige Probleme hingegen waren die Konsequenz einer schlechten bzw. fehlenden IT-Strategie. Beispielsweise konnte das Unternehmen, das eine langfristige ERP-Strategie verfolgt hat, in der Regel auf diverse Integrationstechnologien verzichten. Ungeachtet der strategischen Defizite in Unternehmen hat sich in den letzten Jahrzehnten vor allem der Markt der Technologieanbieter verändert, sodass wir heute ein Oligopol u. a. von Apple, Google, Microsoft, Oracle, IBM und SAP zu beobachten haben. Auch diese Marktveränderung ist für die Bewertung von Trends wichtig, denn nicht OS2, sondern Windows war seinerzeit bei den PC-Betriebssystemen – trotz technologischer Unterlegenheit – erfolgreich.

Strategie als Trendfilter

Viel wichtiger als die Trends an sich sind die Strategie und die Ziele des Unternehmens, die für die Bewertung der Trends herangezogen werden sollten. Zunächst gilt es, sich der Fähigkeiten und der Wirkungen von Informationssystemen für die Unternehmen bewusst zu sein. Entscheidend sind dabei die grundsätzlichen Potenziale von Informationssystemen sowie die intendierte Wirkung, die heute bzw. zukünftig erreicht werden kann (siehe Abbildung unten).

Der erste Potenzialbereich besteht darin, die Kommunikation zwischen Menschen und/oder Maschinen sowie die Automatisierung von Aufgaben zu unterstützen. Diese Potenzialeigenschaft ist die traditionelle Sichtweise auf die IT in Unternehmen, wobei die Globalisierung und die veränderten Arbeitsbedingungen in den Industrieländern zunehmend das Thema des kollaborativen Arbeitens (und damit Kommunizierens) in das Blickfeld gerückt haben.

Die zweite Potenzialeigenschaft ist die der Koordination und Integration von Aufgaben, wie sie beispielsweise in der Logistik bei der Verzahnung von Tourenplanung und Kommissionierung stattfindet. Bei der Verkettung von Funktionen und Prozessen mittels Informationstechnologien sind mittlerweile enorme Fortschritte zu verzeichnen, und es eröffnen sich weiterhin erhebliche Optimierungspotenziale.

Die dritte Potenzialeigenschaft besteht darin, die Entscheidungen von den Menschen auf die Maschine zu verlagern (z. B. automatische Disposition) oder den Menschen bei seiner Entscheidungsfindung zu unterstützen – auf der Basis von besseren Informationen.

Zusammengenommen eröffnen diese drei Potenzialeigenschaften enorme Wirtschaftlichkeitsvorteile, die sich in verbesserten Kosten- und Umsatzrelationen widerspiegeln. Die Wertschöpfungskette von Handelsunternehmen erfährt durch Informationstechnologien permanente Veränderungen, die letztlich die Durchdringung von immer mehr Aufgaben im Handelsunternehmen durch IT ermöglicht. Dabei wirken die Technologien zunehmend auch auf die Struktur von Unternehmen, denn die räumliche Verteilung der Organisation oder auch die optimale Betriebsgröße von Unternehmen werden durch Technologien zunehmend verändert. Die IT-Kosten müssen demzufolge perspektivisch weiter zunehmen, denn die Substitution von Arbeit durch Kapital als Produktionsfaktor ist noch nicht am Ende. Dies ist auch nicht verwunderlich. Würde das „Moorsche Gesetz“ auf die Luftfahrtindustrie von 1978 bis 2005 angewendet, hätte eine Reduzierung der Kosten für den Flug von New York nach Paris von 900 $ auf einen Penny bei einer Zeit von ehemals 7 Stunden auf eine Sekunde bedeutet.

Es ist für Handelsunternehmen bezüglich der Wirkungen von Technologien auch erkenntnisfördernd, sich mit den Entwicklungen der reinen Digitalunternehmen, den sogenannten „Pure Playern“ auseinanderzusetzen. Es wird deutlich, wie sehr die Informationstechnologie das Handelsgeschäft grundsätzlich verändern kann. Dies ist vielen stationären Handelsunternehmen noch nicht bewusst, allerdings sollten diese sich beispielsweise mit der Art der Preis- und Sortimentsfindung bei Amazon beschäftigen oder die Einbindung von Kunden betrachten.

IT wird zur Markteintrittsbarriere

2,5 Millionen Preisänderungen nimmt Amazon täglich elektronisch vor. Die von Amazon verfolgten preispolitischen Strategien sind aus Sicht der Dauerniedrigpreis-Vertreter nicht zu imitieren, allerdings verändert Amazon mit seiner Strategie den Wettbewerb. Darüber hinaus ist Amazon durch Affiliate-Marketing in der Lage, neue Distributionsformen zu entwickeln. In beiden Bereichen ermöglichen Technologien neue Strategien und diese werden zugleich einer laufenden Anpassung unterzogen, die nur für diejenigen irrelevant sind, die sich auf der Markteintrittsbarriere „Laden“ ausruhen wollen.

Was macht der stationäre Handel? Dieser ändert größtenteils immer noch manuell die Preise und verschenkt so preispolitische Spielräume. Dabei geht es nicht darum, dass die Maschine die Aufgaben der Menschen immer mehr übernimmt. Dieser Trend ist ohnehin unumkehrbar und wird sich in den nächsten Jahren beschleunigen.

Allerdings wird sich, ebenso wie die automatische Disposition heute zum Allgemeingut des Einsatzes von Informationssystemen im Handel gehört, der Einsatz von Technologien auf weitere Entscheidungsfelder im Handel ausdehnen. Dazu gehört aber zunächst die Einsicht in die Rolle der Informationstechnologien. Sie sind nicht mehr nur ein Begleiter, sondern sie werden elementarer Bestandteil des unternehmerischen Denkens werden müssen, denn die Informationstechnologie kann strategisch eine Markteintrittsbarriere werden und ist damit zum Gegenstand des strategischen Managements geworden. Und da jeder Erfolg mit einer guten Strategie beginnt, sollte dieses auch für den Einsatz der IT gelten.

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