KI gehört kurz- und mittelfristig zu den zentralen Erfolgsfaktoren im Supply-Chain-Management, davon sind 76 Prozent der Befragten aus dem Handel im Rahmen einer EHI-Studie überzeugt. Diese führte das EHI im Auftrag von Relex Solutions im Frühjahr in Form einer Online-Befragung durch.

Aktuell stecken KI-Anwendungen im Supply-Chain-Management des Handels noch in den Kinderschuhen. Die am weitesten verbreitete Anwendung, die KI-gestützte Erstellung von Absatzprognosen, ist gerade einmal bei 16,7 Prozent der Studienteilnehmer umgesetzt. Es folgen die Bereiche Kampagnenprognosen, Bestandsmanagement und Warenfluss-Glättung, die allesamt bei acht bis neun Prozent der Teilnehmer zur Anwendung kommen. Alle übrigen derzeit möglichen Optionen bleiben unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde.

Besonders positive wirtschaftliche Effekte sehen über 70 Prozent der Befragten in den Bereichen Bestandsoptimierung und erhöhte Warenverfügbarkeit, während geringere Effekte bei allem erwartet werden, was konkreter mit physischen Abläufen in der Supply Chain zu tun hat. In der Befragung waren dies die Kriterien „Erhöhte Effizienz der Filialprozesse“, „Reduzierung von Durchlaufzeiten“ sowie „Reduzierung von Handlingskosten“. Ursache dürften zusätzliche Einflussfaktoren sein, wie die Warenanordnung in den Filialen, Verpackungsgestaltung oder Transportwege, wodurch die Einflüsse von KI hier geringer ins Gewicht fallen.

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KI-Anwendungen in der Logistik bzw. im SCM

KI-Anwendungen in der Logistik bzw. im SCM
Foto: EHI

Bei den Hürden, die aus Sicht des Handels eine Nutzung von KI zumindest zeitlich verzögern könnten, fallen zwei Aspekte besonders ins Auge: der „Mangel an qualifiziertem Personal im Bereich KI“ sowie die „Höhe der Investitionskosten“. Hierauf können die Händler individuell nur begrenzt Einfluss nehmen. Das gilt ebenso für eine „unzureichende Verfügbarkeit und Qualität der benötigten Daten“, die von immerhin 68 Prozent der Teilnehmer als sehr oder eher wahrscheinliche Hürde eingestuft wird. Einem weiteren Hemmnis, „Akzeptanzprobleme durch die Mitarbeiter“, kann durch Aufklärungskampagnen innerhalb der Unternehmen entgegengetreten werden.

Optimierungsbedarf

Ein genauerer Blick auf die Datennutzung für die Absatzprognosen ergibt, dass hier überwiegend Informationen berücksichtigt werden, die mit aktuellen oder zurückliegenden Abverkäufen sowie mit Bestell- oder Bestandsdaten zusammenhängen. Dagegen spielen „neuere“ Themen wie Klimawandel oder Auswirkungen von Pandemien noch eine untergeordnete Rolle. Aktuell werden sie jeweils von nur etwa 17 Prozent der Teilnehmer miteinbezogen, und nur wenige planen, das zu ändern. Hier besteht also, was für die Anbieter von KI-gestützter Software von Interesse sein dürfte, noch erhebliches Optimierungs-Potenzial.

Die Cloud-basierte Einbindung von Forecast- und Replenishment-Systemen befindet sich noch im Aufbau. Erst ein gutes Drittel, 36 Prozent, hat diese Maßnahme umgesetzt oder plant es.

Die Automatisierung hat in der Handelslogistik hingegen in den zurückliegenden Jahren verstärkt Einzug gehalten. Die Unterstützung, die KI und Robotik vor dem Hintergrund des permanenten Personalmangels in der Logistik bieten, wird geschätzt. Die Pandemie beschleunigte die Entwicklung. Knapp 80 Prozent der an der Studie beteiligten Unternehmen haben bereits Automatisierung eingeführt, allerdings erst gut jedes fünfte bis zu einem Grad zwischen 51 und 75 Prozent innerhalb der Prozesse.

Eine Sache der IT

Wirtschaftliche Effekte durch die Einführung von KI

Wirtschaftliche Effekte durch die Einführung von KI
Foto: EHI

Nicht überraschend: Organisatorisch wird KI überwiegend der IT-Abteilung zugeordnet, bei 50 Prozent der Studienteilnehmer ist das der Fall. Diese Positionierung dürfte eine größere Nähe zum Category-Management ermöglichen, das schließlich ebenfalls eine Vielzahl an Daten bereitstellen muss, als dies bei einer Integration in die Logistik-/SCM-Organisation gegeben ist, an die gut 14 Prozent der Teilnehmer die KI angebunden haben. 21 Prozent richteten eine komplett unabhängige Stelle ein

Die Beschäftigung eines KI-Experten bzw. der Plan, einen solchen in den kommenden zwölf Monaten einzustellen, wurde nur von 40 Prozent der Studienteilnehmer bejaht. Qualifizierte KI-Experten dürften ohnehin sehr gefragt und derzeit auch rar sein, dafür umso besser bezahlt. Der Handel befindet sich hier auch im Wettstreit mit anderen Branchen.

Ende August wird die komplette Studie als Whitepaper im Downloadbereich des EHI zur Verfügung stehen. Es beteiligten sich 25 Unternehmen aus der D-A-CH-Region. Die Teilnehmer aus Deutschland stehen für ca. elf Prozent des hiesigen Einzelhandelsumsatzes i.e.S. des Jahres 2019, den der HDE mit 546,2 Mrd. Euro berechnet hat. 40 Prozent der Teilnehmer gehören dem Lebensmittelhandel an.