Einer der Vorreiter in Sachen nachhaltige Kundenmobilität ist die Baumarkt-Gruppe Hagebau: Bereits seit 2017 können die Kund:innen in einigen Niederlassungen E-Lastenräder ausleihen. Dabei setzt das Unternehmen von der ersten Stunde an auf die Zusammenarbeit mit dem Lastenrad-Spezialisten Babboe. Derzeit haben 10 der deutschlandweit 450 Märkte E-Lastenräder in ihrem Portfolio. Über die Miet-Konditionen entscheiden die Märkte individuell, manche stellen die Räder kostenlos zur Verfügung, andere gegen Pauschalen zwischen 10 und 15 Euro, teils mit, teils ohne zeitliches Limit.

Der Begriff Nachhaltigkeit ist für die meisten eher abstrakt. Durch unseren E-Lastenrad-Verleih erleben unsere Kunden nun Nachhaltigkeit zum Anfassen

Maria Blume

Getränke Hoffmann

Mit Avocargo, einem Start-up für E-Lastenrad-Sharing, kooperieren die Berliner Biomarkt-Kette Bio Company und der mit 490 Filialen größte Getränkefachmarkt des Landes, Getränke Hoffmann. Bio Company, mit 60 Filialen in Berlin, Hamburg, Brandenburg und Sachsen, bietet derzeit in 15 Niederlassungen

Bei Bio Company ist der E-Lasten- rad-Verleih ein Erfolgsmodell, insbesondere Familien nutzen den Service. Im Bild Boris Frank (links), Marketingleiter bei Bio Company, mit seinem Kooperationspartner Matti Schurr, Avocargo

Bei Bio Company ist der E-Lasten- rad-Verleih ein Erfolgsmodell, insbesondere Familien nutzen den Service. Im Bild Boris Frank (links), Marketingleiter bei Bio Company, mit seinem Kooperationspartner Matti Schurr, Avocargo
Foto: Bio Company

einen E-Lasten- rad-Verleih zum Preis von sieben Euro pro Stunde. Ab einem Einkaufswert von 30 Euro steuert das Unternehmen drei Euro zum Mietpreis bei.

Getränke Hoffmann dagegen hatte zunächst für sein Stadtteil-Konzept „Mein Hoffi“ eigene Lastenräder ohne Elektroantrieb angeschafft und den Kund:innen kostenlos zur Verfügung gestellt, um im Sommer 2022 auf das Kooperationsmodell umzusteigen.

Nun kann man in 11 Berliner Getränkemärkten E-Lastenräder in einem Free Floating System mieten, das heißt: Die Kund:innen identifizieren per App den nächstgelegenen Standort eines Fahrzeugs, machen sich damit auf den Weg zu ihrer Getränke Hoff- mann-Filiale, erledigen ihre Einkaufe und radeln nach Hause. Ab einem Einkaufswert von 29 Euro spendiert Getränke Hoffmann die ersten 15 Minuten der Leihgebühr, danach schlägt jede Viertelstunde mit 1,50 Euro zu Buche.

Auch die in Darmstadt ansässige Biomarkt-Kette Alnatura mit 147 Märkte in 71 Städten war 2020 mit 22 eigenen Fahrzeugen für acht Märkte in Frankfurt am Main sowie 12 Berliner Filialen gestartet, die Wartung erledigen die Verbände VDC und ADFC. Ein Jahr später gab das Unternehmen einer Kooperation mit dem E-Bike Spezialisten Riese & Müller auf Leasing-Basis den Vorzug, auf dessen Online-Plattform die Kund:innen ihr Rad auch reservieren können.

Im Markt muss noch ein Formular ausgefüllt werden, dann kann es losgehen: Maximal drei Tage kann man das Rad kostenlos nutzen – und dafür muss man nicht einmal bei Alnatura kaufen. „Diese Investition ist eben unser Beitrag zur Mobilitätswende“, er- läutert Sven Büsgen, Koordinator Super Natur Märkte. Inzwischen sind 49 Alnatura-Märkte in 15 Städten, die insgesamt 59 Alnatura-Lasten- und E-Lastenräder auf die Fahrt schicken, in das Konzept eingebunden. Kostenlos ist auch der bis zu dreistündige Ver- leih der 10 Lasten- und 30 E-Lastenräder von Bauhaus, den die Baumarktkette in Eigenregie betreibt und der laut Unternehmen „einen großen Zuspruch durch die Kunden erfährt“.

Mobilität muss komfortabel sein

Die bisherigen Erfahrungen der Unternehmen zeigen, dass Kooperationen gegenüber dem Verleih in Eigenregie oft vorteilhafter sind, denn sie schließen meist die insbesondere bei E-Fahrzeugen wichtige regelmäßige Wartung und den Austausch älterer Räder ein; zudem profitieren die Unter- nehmen von der Bekanntheit und Expertise des Partners.

Ein Großteil unserer Kunden bringt das notwendige Transportmittel zwar mit, doch bei Impulskäufen sind E-Lastenräder eine gute Option

Florian Berndt

Hagebau

Getränke Hoffmann ist der erste Getränkefach- markt mit E-Lastenrad- Verleih

Getränke Hoffmann ist der erste Getränkefach- markt mit E-Lastenrad- Verleih
Foto: Avocargo

Die Erfahrungen mit dem Nutzerverhalten sind einhellig positiv. „Bisher wurden alle Räder in gutem Zustand zurückgegeben“, bestätigt Florian Berndt, Projektmanager Hagebau. Die Auslastung des jeweiligen Lastenrad-Fuhrparks ist jedoch so unterschiedlich wie die Miet-Konditionen. Doch den Erfolg oder Misserfolg allein auf den Preisaspekt zurückzuführen, wäre zu kurz gesprungen. „Dass Mobilität und Kosten eng zusammenhängen, ist ein Irrglaube“, sagt Matti Schurr, CCO und Co-Founder von Avocargo. „Mobilität hat eher mit Bequemlichkeit zu tun.“

Heißt: Je komfortabler und unkomplizierter die Abwicklung des Verleihs für die Kundschaft organisiert ist, desto intensiver wird der Service genutzt. „Heavy user“ seien übrigens Familien, aber auch Studierende oder Ältere gehören zur Nutzer-Community, für die nicht zuletzt die Qualität des Fahrerlebnisses eine Rolle spielt: „Ein Lastenrad ohne elektrischen Support macht nun mal keinen Spaß“, sagt Schurr. Gibt es bestimmte Branchen, die sich für den E-Lastenrad-Verleih besonders eignen? „Überall dort, wo ein Einkaufswagen genutzt wird, ergibt auch ein Lastenrad Sinn“, so die Erfahrung von Matti Schurr.

Auch ein urbaner Standort ist von Vorteil, ein ideales Biotop für den Lastenrad-Verleih sind Großstädte. Schließlich, so Matti Schurr, „kann man auf ein eigenes Auto meist nur dort verzichten, wo der ÖPNV sehr gut ausgebaut ist – und nur dort funktioniert auch der Lastenrad-Verleih wirklich gut.“

Man muss die Nutzenden abholen, am POS und in der Öffentlichkeit über den Service informieren und im Falle einer Kooperation eine tiefe Integration des Anbieters vollziehen

Matti Schurr

Avocargo

Der Lastenrad-Verleih macht erfahrungsgemäß insbesondere in gut frequentierten Citylagen Sinn und trägt zu einer Entlastung des Straßenverkehrs insgesamt bei

Sven Büsgen

Alnatura