Rd. 4,5 Mrd. Päckchen, Pakete und andere Sendungen wurden privaten und gewerblichen Kunden 2021 in Deutschland zugestellt. Damit ist das Volumen erneut um gut 11 Prozent gestiegen. Das geht aus der „KEP-Studie 2022“ hervor, die der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) herausgibt. In Anbetracht des zweistellig wachsenden Sendungsvolumens überrascht es, dass das Volumen des Verpackungsmaterials nicht ebenfalls zunimmt, sondern zuletzt sogar rückläufig war.

DHL Supply Chain bietet Geschäftskunden neue, umweltfreundliche On-demand-Verpackungslösungen an.

DHL Supply Chain bietet Geschäftskunden neue, umweltfreundliche On-demand-Verpackungslösungen an.
Foto: DHL

Die im Herbst 2021 vom Gemeinschaftsausschuss Deutscher Verpackungshersteller (GADV) veröffentlichte Statistik weist für das Jahr 2020 erstmals seit vielen Jahren bei den Packmitteln einen Rückgang gegenüber dem Vorjahr aus. Trotz des boomenden Onlinehandels sank die Produktionsmenge insgesamt um 0,7 Prozent. Während die Menge an Papier und Pappe relativ konstant auf Vorjahresniveau blieb, verzeichneten Kunststoffe ein Minus von zwei Prozent und Aluminium von 3,4 Prozent.

Für Praktiker der Verpackungsbranche ist diese Entwicklung kein Widerspruch, sondern die logische Folge der Modernisierungsprozesse. Der Wandel in der Verpackungsbranche sei beeindruckend, der Innovationsschub enorm. „Bei immer mehr Verpackungslösungen geht es darum, Transportvolumen zu reduzieren. Und das zahlt sich aus: sowohl bei der Anzahl der benötigten LKW, als auch bei der CO2-Bilanz und den eingesetzten Ressourcen“, heißt es beim Verpackungshersteller Karl Knauer.

„Vor dem Hintergrund gebotener Kosteneinsparungen und nachhaltigen Wirtschaftens steigt im Verpackungsbereich die Nachfrage nach wiederverwendbaren, recycelten oder upgecycelten Materialien“, bilanzierte die Stuttgarter Fachmesse Logimat im Juni 2022. Gleichermaßen gefragt seien automatisierte Verpackungsmaschinen für den Einzelzuschnitt, die eine individuelle Fertigung von Verpackungen mit On-demand-Lösungen und optimiertem Ressourceneinsatz bieten.

Seit 2015 konnten wir das Gewicht der Versandverpackungen pro Sendung bereits um weit mehr als ein Drittel reduzieren.

Ole Wulff

Sprecher , Amazon

Beispiel Amazon

Amazon setzt auf flexible papierbasierte Versandumschläge und -tüten.

Amazon setzt auf flexible papierbasierte Versandumschläge und -tüten.
Foto: Amazon

Amazon verzichtet seit April 2022 auf Einweg- Plastikumverpackungen und verwendet stattdessen Verpackungen aus Papier und Karton. Dies betrifft sowohl Artikel von Amazon selbst als auch solche von Drittanbietern, die den Versand über Amazon abwickeln („Versand durch Amazon“) und gilt für Bestellungen, die in deutschen Logistikzentren verpackt werden. In Zukunft kommen Lieferungen stattdessen in flexiblen papierbasierten Versandumschlägen und -tüten.

Das Material kann leichter recycelt werden, enthält einen höheren Anteil an recyceltem Material und beansprucht während des Transports weniger Volumen als Wellpappkartons. Größere Lieferungen können weiterhin in Kartons aus Wellpappe ankommen. Amazon erhöht auch die Anzahl der Produkte, die in der originalen Produktverpackung versendet werden können und lediglich mit einem Adressaufkleber versehen werden müssen. Um die bestmögliche Verpackungsauswahl zu treffen, nutzt Amazon Algorithmen des maschinellen Lernens.

Damit wird ermittelt, welche Produkte keine zusätzliche Verpackung benötigen und welche kleineren Produkte sich für Umschläge und Taschen eignen, die bis zu 75 Prozent leichter sind als Kartons ähnlicher Größe. „Seit 2015 konnten wir das Gewicht der Versandverpackungen pro Sendung bereits um weit mehr als ein Drittel reduzieren“, sagt Ole Wulff, Sprecher von Amazon. Es wurden über eine Mio. Tonnen Material eingespart.

Beispiel Otto Group

Die Hamburger Otto Group treibt auf verschiedenen Ebenen die Optimierung der Verpackungen weiter voran, nachdem sie bereits erhebliche Fortschritte erzielt hat, etwa bei der Reduktion des Volumens. „Wir arbeiten bei Otto mit Blick auf Nachhaltigkeit nach dem Dreiklang ‚Vermeiden, Reduzieren, Kompensieren’ – und das gilt auch für unser Verpackungswesen“, betont Ingo Bertram, Pressesprecher HR, Nachhaltigkeit, Logistik. Versandverpackungen werden bei Otto mithilfe digitaler Berechnungen so passgenau wie möglich gewählt.

Wir arbeiten bei Otto mit Blick auf Nachhaltigkeit nach dem Dreiklang ‚Vermeiden, Reduzieren, Kompensieren’ – und das gilt auch für unser Verpackungswesen.

Ingo Bertram

Pressesprecher HR Nachhaltigkeit Logistik, Otto

Gab es früher nur wenige Standardgrößen, ist das Set heute umfangreicher, sodass unnötige Luft im Karton häufig vermieden werden kann. Die Pakete werden also kleiner und tragen damit zusätzlich zur optimalen Auslastung der Fahrzeuge bei. Auf Füllmaterial wird bereits fast komplett verzichtet. Otto ist in den letzten Jahren ebenfalls dazu übergegangen, für immer mehr Artikel die Verpackung des Herstellers als Versandverpackung zu nutzen. Bertram: „Das funktioniert freilich nicht mit allen Waren, aber bei robusten, gut verpackten Artikeln geht das ganz gut.“ Staubsauger, Toaster oder Wasserkocher sind Beispiele.

Wildplastic, das zuvor achtlos in der Natur entsorgt, dann aber aufgelesen und in den Recyclingkreislauf rücküberführt wurde, kommt bei der Otto Group zum (Wieder-)Einsatz.

Wildplastic, das zuvor achtlos in der Natur entsorgt, dann aber aufgelesen und in den Recyclingkreislauf rücküberführt wurde, kommt bei der Otto Group zum (Wieder-)Einsatz.
Foto: Otto Group

Zusätzlich experimentiert Otto gemeinsam mit Start-ups, wie der ökologische Fußabdruck weiter verringert werden kann – und geht dabei auch unkonventionelle Wege. So werden aktuell mit Hilfe von Wildplastic die Versandtüten auf 100 Prozent „wildes“ Plastik umgestellt. Das ist Plastik, das zuvor achtlos in der Natur entsorgt wurde, dann aber aufgelesen und in den Recyclingkreislauf rücküberführt wurde.

Noch einen Schritt weiter geht die Zusammenarbeit mit dem Start-up Traceless: Traceless hat eine Art „Kunststoff“ entwickelt, der komplett auf biologisch abbaubaren Nebenprodukten der Nahrungsmittelindustrie basiert. 2020 hat Otto auch Mehrwegverpackungen pilotiert, gemeinsam mit Repack. Zwar seien die hohen logistischen Mehraufwände, die für Reinigung, Desinfektion und Aufbereitung der hier genutzten Mehrwegtüten entstehen, eine große Herausforderung, so Bertram, gleichwohl sei Mehrweg „ein interessanter Ansatz, den wir bei Verpackungen weiter verfolgen“.

Beispiel Zalando

Zalando verschickt Mode volumeneffizient.

Zalando verschickt Mode volumeneffizient.
Foto: Zalando

Zalando hat 2020 Papierverpackungen eingeführt, die in Europa in großem Umfang recycelt werden können. Bis 2023 will der Händler komplett auf Einwegplastik verzichten. Für das riesige Sortiment – rd. eine Mio. Produkte in verschiedenen Formen und Größen – steht in den Logistikzentren eine Vielzahl von Versandtaschen und -kartons bereit, die bei der Bearbeitung der Bestellungen manuell ausgewählt werden. „Versandtaschen bevorzugen wir gegenüber Kartons, weil sie eine bessere Volumeneffizienz aufweisen“, so Laila Helmy, Corporate Communications Zalando SE. Auch setzt man vermehrt auf künstliche Intelligenz, um das Verpackungsportfolio zu optimieren. Die datengestützte Analyse hilft laut Helmy dabei, „das Verhältnis von Artikel und Verpackung weiter zu verbessern, den Materialverbrauch zu senken, den Energieverbrauch für den Transport zu reduzieren und weniger Abfall zu produzieren“.

Beispiel Kaufland

Kaufland setzt auf seinem Marktplatz kaufland. de bei den Verpackungen für Artikel, die direkt von Kaufland verkauft werden, auf robuste und leichte Materialien und vorrangig FSC-zertifizierten Karton. „Wo immer möglich und ökologisch sinnvoll, lassen wir Verpackungskomponenten weg“, berichtet eine Unternehmenssprecherin. Auch die kontinuierliche Weiterentwicklung innovativer umweltfreundlicherer Verpackungen spiele eine große Rolle. Mit dem Ausbau des Fullfillment-Services kann Kaufland diese Verpackungslösungen auch für die Artikel der teilnehmenden Händler einsetzen.

Beispiel Migros

Viele andere Versender arbeiten ebenfalls daran, das Verpackungs- und Füllmaterial effizienter einzusetzen. „Bei uns wird Verpackung reduziert, wo immer es geht –einerseits aus Nachhaltigkeits-, aber auch aus Kostengründen“, teilt die Schweizer Migros mit, die auch in Deutschland einen Onlineshop mit Versand betreibt. Potenzial sehe man bei Mehrwegverpackungen: „Hier werden laufend neue Ansätze geprüft.“