Für die Prognosen und die Disposition des Warenbedarfs wird bei Edeka Südwest, Offenburg, seit 2007 das System SAP Forecast & Replenishment (SAP F&R) genutzt. „Bei den Prognosen werden Werbeaktivitäten je Vertriebsschiene, nicht jedoch kurzfristige Witterungseinflüsse berücksichtigt“, erklärt Dirk Mayer, Senior Conultant bei Wincor Nixdorf Retail Consulting, Hilden. Ohne diese zusätzlichen Informationen kam es bei Edeka Südwest jedoch regelmäßig zu Unter- oder Überschätzungen der tatsächlichen Nachfrage bei Produkten, deren Nachfrage offensichtlich auch wetterabhängig ist.  

„Zwar arbeitet das System mit einem sich selbst kontrollierenden Faktor, der eine wahrscheinliche Fehlerabweichung mit einbezieht. Doch auch das löst nicht den Kern des Problems. Bei Hitzeperioden mussten tagtäglich die berechneten Bestellmengen mit großem Aufwand manuell korrigiert werden“, beschreibt Mayer die Ausgangslage. Auch die Nutzung von historischen Wetterdaten für Prognosezwecke hilft nur teilweise. Denn die Wetterbedingungen können zu einem bestimmten Zeitraum oder Stichtag erheblich vom Wetter des Vorjahres abweichen.  

Durch den Einsatz einer Lösung von Wincor Nixdorf Retail Consulting sollte es bei Edeka Südwest möglich werden, auch Wettervorhersagen bei der Planung von Bestellmengen solcher Artikel zu berücksichtigen, deren Absatzmengen besonders wetterabhängig sind. Zunächst analysierte das
F&R-Team der Wincor Nixdorf Retail Consulting im Herbst 2010 die vorangegangenen 12 Wochen unter Berücksichtigung von Wetterdaten aus zwei Wetterstationen. Untersucht wurden die Verkaufsdaten aller Artikel der Warengruppen Fleisch und Frischwaren sowie Getränke.

Wettervorhersagen

„Damit das System SAP F&R belastbare Bedarfsprognosen unter Berücksichtigung von Wetterdaten liefern konnte, mussten zunächst die Wetterdaten von September 2009 an hinterlegt werden – Informationen von insgesamt 85 Wochen“, erinnert sich Mayer. Untersucht wurden anschließend Einflussfaktoren wie die Temperatur und die Sonnenscheindauer. Zentrales Ergebnis: Es gibt einen Zusammenhang zwischen Wetter und Nachfrage, verursacht durch verschiedene Einflussfaktoren, wenn auch nicht bei jedem der untersuchten Produkte und in unterschiedlicher Stärke.

Auf Basis dieser Erkenntnis fiel bei der Edeka Südwest im Mai 2011 der Startschuss für die automatische Disposition wetterabhängiger Artikel unter Berücksichtigung von Wetterdaten. Seither erfassen die strategischen Warendisponenten jeden Tag die Wettervorhersagen für zwei Wochen im Voraus. Diese werden von dem Wetter-Dienstleister Meteomedia geliefert. Rund um die Uhr treffen Beobachtungsdaten, Computermodelle, Satelliten- und Radarbilder aus der ganzen Welt ein.  

Meteomedia stellt auf einem Server täglich die Vorhersagen des aktuellen Tages und der kommenden 8 Tage für jeden einzelnen Lager-Standort bereit. Von Wincor Nixdorf werden diese Daten morgens abgerufen und aufbereitet. „Anschließend erhalten wir von Wincor Nixdorf täglich per E-Mail die aktuellen konvertierten Wetteraussichten für jedes der 5 Warenlager der Edeka Südwest“, sagt Christhard Deutscher, Unternehmenssprecher von Edeka Südwest.  

Nach Ansicht aller Beteiligten kann sich der Erfolg sehen lassen: Durch die Einbeziehung der Wettervorhersagen konnte die Planungssicherheit erhöht und die Warenverfügbarkeit, insbesondere bei Frische- und Tiefkühlwaren, deutlich verbessert und Abschreibungen reduziert werden. „Der größte Nutzen bei der Verwendung von Wetterinformationen zur Prognoserechnung besteht in der Reduzierung der Verderb-Werte“, so das Fazit von Deutscher. 

Foto: iStock/Sean Locke

Genossenschaftlich geprägt

Das Absatzgebiet der genossenschaftlich geprägten Edeka Südwest erstreckt sich über die Bundesländer Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland sowie den südlichen Teil von Hessen und angrenzende Teile Bayerns. Von den fast 1.400 Märkten werden rund 1.000 von selbstständigen Einzelhändlern betrieben. Rund 400 sind sogenannte Regiemärkte. Zu Edeka Südwest gehören rund 43.500 Mitarbeiter, davon ca. 20.000 in den selbstständigen Märkten. Eine wichtige Säule sind eigene Produktionsunternehmen. Die Größe der angeschlossenen Märkte reicht vom kleinen Nachbarschaftsladen bis zu Märkten mit 6.000 qm und 50.000 Artikeln. Der Konzern-Außenumsatz belief sich in 2011 auf 7,1 Mrd. Euro. 

Weitere Informationen: www.edeka.de/suedwest

Mehr Power fürs Trockensortiment

Die Edeka Handelsgesellschaft Nord will bis Mai 2015 ihre Lagerlogistik-Prozesse am Standort Zarrentin optimiert haben. Dann sollen von dort etwa 770 Märkte mit 17.000 verschiedenen Trockensortiments-Artikeln versorgt werden. Die 30.000 qm große Anlage ist für eine Spitzen-Kommissionierleistung von 205.600 Picks pro Tag ausgelegt. Den Auftrag für die Planung und Realisierung erhielt der Parksteiner Generalunternehmer Witron Logistik + Informatik GmbH, der für die Lieferung und Implementierung aller Mechanik-, IT- und Steuerungskomponenten verantwortlich ist, darunter ein OPM-System, das mit 14 COM-Maschinen Handelseinheiten vollautomatisch auf Paletten und Rollcontainer schichtet.  

Weitere Informationen: www.edeka.de/nord

Analyse von Massendaten

Dirk Mayer, Senior Consultant bei Wincor Nixdorf Retail Consulting, hat das Projekt der Berücksichtung von Wetterdaten bei der automatischen Disposition bei Edeka Südwest begleitet.

Welche Artikel haben sich als besonders „wetterfühlig“ erwiesen?

Zu den Artikeln, deren Verkaufsmengen besonders stark auf steigende Temperaturen und Sonnenscheindauer reagieren, gehören beispielsweise Mozzarella und Buttermilch, aber natürlich auch Grillkohle und Radler.

Der entgangene Umsatz verringerte sich und besonders auch die Abschriften. Sind diese Werte so hoch, dass sie den Einsatz dieser Lösung lohnen?

Sowohl der einmalige Aufwand als auch die laufenden Kosten für die Verwendung von Wetterinformationen sind gering, wenn ein Unternehmen eine Prognose- und Dispositions-Software im Einsatz hat, die wie SAP F&R die statistischen Prognoseverfahren für die Verwendung dieser Informationen anbietet.

Was müsste passieren, damit Bedarfsprognosen noch präziser werden?

Die Verkaufszahlen eines Produktes hängen von vielen Faktoren ab: Lage des Standorts, Kaufkraft, Platzierung im Verkaufsraum, Verkaufspreis des Produktes und vergleichbarer Produkte – auch bei Mitbewerbern –, Art und Wirkung der Werbung, Tag der Überweisung von Lohn, Gehalt oder Weihnachtsgeld, Ferienzeiträume, Veranstaltungen, Parkplatzsituation, Stimmung der Käufer etc. Sowohl statistische Verfahren als auch andere Methoden der angewandten Mathematik und Informatik können diese Daten heute bereits sinnvoll verarbeiten. Allerdings muss immer auch der Aufwand wirtschaftlich darstellbar sein. Gleichwohl ermöglichen moderne Technologien zur Analyse von Massendaten viele neue Möglichkeiten.