Der Mineralwerkstoff Corian, hier in transluzider Edelstein-Optik „Grey Onyx“

Der Mineralwerkstoff Corian, hier in transluzider Edelstein-Optik „Grey Onyx“
Foto: Photo Stylemixer for Corian Design

Die Frage, welches Oberflächendesign für Dekorplatten derzeit die Nummer eins ist, ist klar zu beantworten: Das Thema Holz und hier insbesondere die Eiche ist nach wie vor tonangebend. Nicht nur Produkte auf Basis von Trägermaterialien wie Schicht- oder Holzwerkstoffen, sogar Mineralwerkstoffplatten gibt es mittlerweile in den populären Holz-Looks. „Aufgrund der großen Nachfrage haben wir soeben erstmalig Holz-Optiken eingeführt“, sagt Tobias Mehlsam, Area Manager DACH bei Corian – Du Pont, „und sie sind auf Anhieb sehr gut angekommen.“

Auch wenn die Eichen-Optiken fest etabliert sind – ausgereizt ist das Thema offenbar noch lange nicht. Die Produkte werden immer authentischer, und das nicht nur, was das Design angeht, sondern auch aufgrund ihrer Haptik. „Die Plattenwerkstoffe sind deutlich optimiert worden“, beobachtet Frank Wessels, Geschäftsführer des Ladenbauunternehmens Tenbrink, „bei Synchronporenplatten kann selbst ein Fachmann kaum noch erkennen, ob es sich um Echtholz oder eine Nachbildung handelt.“ Dies trifft zunehmend auch auf andere Holz-Optiken wie Nussbaum, Esche oder exotische Hölzer zu.

Zudem inspiriert das natürliche Vorbild der Eiche die Hersteller zu immer neuen Interpretationen und Weiterentwicklungen, zum Beispiel mit speziellen Effekten oder echt wirkenden Gebrauchsspuren. Es gibt Eichen-Optiken in naturhellen oder besonders dunklen Farbigkeiten, in verschiedenen Spielarten von Used- und Vintage Looks, mit extrem lebhaften Maserungen, offenen Fugen, dunklen Rissen und Astlöchern, mit gebürsteter, metallischer, wie gebrannt, verkohlt oder gefroren wirkender Anmutung.

Gewebt wirkende Strukturen mit Beton-Flair – diese unmöglich erscheinende Kombination ist mit Dekorplatten möglich

Gewebt wirkende Strukturen mit Beton-Flair – diese unmöglich erscheinende Kombination ist mit Dekorplatten möglich.
Foto: Kaindl

Dreidimensionale Oberflächen

„Sogenannte dreidimensionale Oberflächen werden immer wichtiger“, sagt Sarah Czittrich, Leiterin Design bei Resopal. „Ob tiefe Holzstrukturen, Steinrelief oder Bruchstein-Optiken, die neuen Oberflächen ahmen die Naturmaterialien nahezu perfekt nach.“ Eine eigene Disziplin beim Thema Dreidimensionalität stellen Holzwerkstoffplatten dar, die durch die Einwirkung von Druck und Hitze nach individuellen Vorstellungen zu dreidimensionalen Flächen verformt und zusätzlich lackiert oder beschichtet werden können. „Durch solche im sogenannten Formpressverfahren erzeugten Produkte ergeben sich mit minimalem Aufwand ganz neue Gestaltungs- und Einsatzmöglichkeiten“, sagt Dirk Eiynck, Global Design Manager bei Sonae Arauco.

Ähnlicher Beliebtheit wie Holz-Reproduktionen erfreuen sich die vielfältigen Beton-Designs, die sich insbesondere für urban und industriell inspirierte Gestaltungskonzepte anbieten. „Beton ist mit einer unglaublichen Dynamik im Vormarsch“, sagt Gerhard Dürnberger, Leiter der Marketing- und Produktentwicklung bei Kaindl. Wie bei den Hölzern geht es auch bei den Beton-Lookalikes „nicht nur um eine authentische Optik, die Haptik muss ebenfalls dem Original standhalten“, sagt Olaf Beckmann, Marketingleiter bei Imi-Beton. Möglich wird dies etwa durch „3D-Lufteinschlüsse“.

Mit elastischen und gleichzeitig dimensionsstabilen Matten können auch Säulen im Beton-Look gestaltet werden

Mit elastischen und gleichzeitig dimensionsstabilen Matten können auch Säulen im Beton-Look gestaltet werden.
Foto: Imi Beton

Aber auch bewusste Verfremdungen durch feine oder gröbere Strukturen und wie gewebt, gespachtelt, sandgestrahlt, körnig oder geschliffen wirkende Oberflächen erweitern das Spektrum der Beton-Optiken. Mit neuartigen elastischen und gleichzeitig dimensionsstabilen Matten kann der Beton-Look in unterschiedlichsten Situationen schnell und umkompliziert realisiert werden. Im Windschatten des Themas Beton bauen sich zunehmend auch Stein- und Marmor-Designs von hell bis dunkel auf.

Um in den farblich oft im kühlen Grau-Spektrum angesiedelten beton- oder steinlastigen Gestaltungskonzepten Akzente zu setzen, aber auch in ganz anderen gestalterischen Zusammenhängen, kommen häufig metallische Oberflächen zum Einsatz: Mit Kupfer, Silber, Messing, Platin, Gold, Titan, Bronze oder Aluminium, glatt, strukturiert oder mit textil inspirierten Texturen versehen, mit geschliffener, oxidierter, korrodierter oder verwittert wirkender Optik oder weiterentwickelt zu Edel-Rost-Optiken werden gezielt Brüche erzeugt.

Metallische Oberflächen

Metall-Optiken sind ebenfalls ein starker Trend, hier dunkles Messing mit einer Oberflächenstruktur, die bewusst „fehlerhaft“ erscheint

Metall-Optiken sind ebenfalls ein starker Trend, hier dunkles Messing mit einer Oberflächenstruktur, die bewusst „fehlerhaft“ erscheint.
Foto: Homapal

„Metallische Oberflächen, beispielsweise mit korrodiertem Effekt, lassen sich hervorragend mit vielen Stein- und Beton-Optiken kombinieren“, sagt Stefan Göldner, Head of Communication bei Pfleiderer Deutschland. Für neuartige Dekore mit besonders exklusiver Anmutung kommen auch in Handarbeit mit Antik-Effekt versehene Echtmetallfolien zum Einsatz. Der „Makel“ macht dabei den besonderen Reiz aus und setzt lebendige Impulse, ob in einem modern-eleganten oder einem eher industriell geprägten Setting.

Auch neuartige Textil-Oberflächen wie Samt, Stepp-Stoff oder Filz bringen eine neue, durchaus auch emotionale Dimension ins Spiel. Mit ihrer besonderen haptischen Qualität laden sie Räume atmosphärisch auf und können insbesondere für Konzepte wie etwa Wäschegeschäfte oder für besondere Bereiche wie die Umkleidekabinen reizvolle Lösungen sein. Die Textil-Oberflächen „sorgen für Wohnlichkeit und Behaglichkeit“, sagt Herold Barbato, CEO von Sibu Design, zudem „verbessern die oft mit Schaumstoff hinterlegten textilen Oberflächen die Raumakustik“.

Anti-Fingerprint-Oberflächen wie hier von Resopal sind eine sehr praktische Innovation

Anti-Fingerprint-Oberflächen wie hier von Resopal sind eine sehr praktische Innovation.
Foto: Christoph Hess Fotodesign

Wirkungsvolle Gestaltungselemente sind auch extrem matte und stark glänzende Oberflächen. „Hochwertige Lackplatten in supermatt oder hochglänzend, die durch eine innovative Mehrschicht-Lackiertechnologie eine hohe Farbstabilität und sehr gute Gebrauchseigenschaften aufweisen, sind ein großes Thema“, sagt Stefan Göldner. Durch eine neue Anti-Fingerprint-Ausstattung und eine hohe Kratz- und Abriebbeständigkeit können beispielsweise supermatte Oberflächen auch in dunklen Farben und in stark beanspruchten Bereichen wie etwa als Verkaufstresen eingesetzt werden. „Mit solchen Oberflächen können anspruchsvolle Designkonzepte auf Retailflächen problemlos umgesetzt werden, da ihr makelloses Erscheinungsbild auch hoher Belastung standhält“, sagt Sarah Czittrich.

Keine „Monokulturen“

Metallisches oder Textiles zu Hölzern, Beton und Stein – gebraucht wirkende oder 3D-Oberflächen zum Glatten, Makellosen – die Zeichen stehen auf Material- und Stilmix. Das spannungsreiche Spiel mit ganz unterschiedlichen, auch gegensätzlichen Optiken tritt an die Stelle berechenbarer „Monokulturen“. „Während früher ein einziges Material wie etwa Eichen-Optik durchgängig eingesetzt wurde, werden die Flächen heute deutlich vielfältiger gestaltet“, sagt Frank Wessels.

Die Synchronporen-Oberfläche von Egger Holzwerkstoffe im Edeka-Marktkauf in Adendorf wirkt wie unbehandelte Berglärche mit starker Maserung und Astlöchern

Die Synchronporen-Oberfläche von Egger Holzwerkstoffe im Edeka-Marktkauf in Adendorf wirkt wie unbehandelte Berglärche mit starker Maserung und Astlöchern.
Foto: Fotografische Werkstatt Katharina Jäger

Vor diesem Hintergrund ist es also nicht allein ausschlaggebend, dass jedes Dekor für sich gelungen ist und einen bestimmten Trend repräsentiert, es geht auch um das möglichst spannungsreiche und wirkungsvolle Miteinander unterschiedlicher Oberflächendesigns und -technologien. Daher haben die Anbieter stets im Fokus, die Kombinierbarkeit der verschiedenen Oberflächen zu gewährleisten. „Durch die Kombinierbarkeit von beispielsweise Anti-Fingerprint-Lösungen mit anderen Oberflächen lassen sich Designkonzepte effizient realisieren, ohne Abstriche bei Haptik und Optik machen zu müssen“, so Sarah Czittrich.

Gleichzeitig müssen die Kollektionen mit ihren nahezu unbegrenzten gestalterischen Möglichkeiten auch eine gewisse ästhetische Sicherheit geben. „Es gibt kein Entweder-Oder, sondern mehrere Trends nebeneinander, die auch miteinander funktionieren“, bringt es Klaus Monhoff, Leitung Dekor- und Designmanagement bei Egger, auf den Punkt. „Materialien für die Möbelgestaltung müssen es dem Kunden ermöglichen, seine individuellen Schwerpunkte zu setzen.“ Denn letztendlich „geht es um Individualität“, sagt Frank Wessels. „Jeder will etwas Neues kreieren, sich abheben und exklusiv sein.“

Weitere Informationen: redaktion@ehi.org