Oberflächenmaterialien: Alles im Kreislauf | stores+shops

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Schaukäserei La Fetta gestaltet von Hilario Isola zusammen mit SCEG Architetti und dem Grafikdesignstudio Elyron
Foto: Barbara Corsico

Oberflächenmaterialien: Alles im Kreislauf

Mit Respekt vor Ressourcen und Historie werden Materialien im Retail Design neuund weiterentwickelt. Gestaltung und Produkt gehen eine Nachhaltigkeits-Allianz ein, Recycling gewinnt an Bedeutung. Auf der EuroShop 2023 zeigen rund 90 Aussteller in diesem Bereich ihre Produktneuheiten.

„Das Leben hat sich verändert – unser Laminat auch“, titelt Egger, Hersteller von Dekoren und holzwerkstoffbasierten Fußböden auf seiner Homepage. Anfang 1996 ging die erste Anlage zur Fußbodenproduktion in Betrieb. Rund 25 Jahre später stammt das dafür verarbeitete Holz ausschließlich aus nachhaltiger Forstwirtschaft und der Anteil von nachwachsenden Ressourcen beträgt 86 Prozent. Zur Herstellung werden Nebenprodukte aus der Sägeindustrie, z. B. Hackschnitzel oder Sägespäne, genutzt – ein Beitrag zur Kreislaufwirtschaft.

Waves von Panespol eingesetzt als dekorative Schaufensterrückwand

Waves von Panespol eingesetzt als dekorative Schaufensterrückwand
Foto: Panespol

Auch das spanische Unternehmen Panespol, Hersteller von dekorativen Paneelen, verfolgt das Thema Nachhaltigkeit und hat an seinem Standort Solarpaneele zur Energiegewinnung und eine neue Kläranlage installiert, um seinen ökologischen Fußabdruck zu verringern. Das Unternehmen nutzt 20 Prozent seiner Produktionsabfälle für die Neuanfertigung von Innenraumpaneelen. Im Sinne kurzer Lieferketten werden verstärkt spanische Zulieferer berücksichtigt.

Rüben und Schutt

Innovation, Forschung, Erbe: Das sind die Zutaten für den Relaunch des bei Gestaltern beliebten Design- und Architekturklassikers Diafos von Abet Laminati. Im Jahr 1987 ausgezeichnet mit dem Compasso d’Oro, war es der erste transluzente HPL-Schichtstoff. Heute kommt dieses Material weiterentwickelt und in neuen trendigen Farben sowie Formaten wieder neu heraus. Ein wichtiger Beitrag zur Nachhaltigkeit ist dabei, dass hochwertige Laminate ihre Eigenschaften im Laufe der Zeit unverändert beibehalten. Hersteller und Produktdesigner entwickeln Produkte und deren Herstellungsverfahren weiter.

Shards sind Fliesen, die aus Bauschutt hergestellt wurden.

Shards sind Fliesen, die aus Bauschutt hergestellt wurden.
Foto: Shards

„Dabei wird der Nachhaltigkeit ein immer wichtigerer Stellenwert beigemessen“, sagt Jörg Schmitt, Projektleiter bei der Materialagentur Raumprobe aus Stuttgart. Diese wurde mit dem Ziel gegründet, durch Wissensvermittlung eine Schnittstelle zwischen Herstellern und Recherchierenden zu bilden und hat mit einer physischen Ausstellung und einer digitalen Datenbank eine umfassende Sammlung aus der Welt der Werkstoffe geschaffen. Mit dem sogenannten Materialpreis, den Raumprobe mit einer Fachjury jährlich in verschiedenen Kategorien vergibt, wurde im vergangenen Jahr im Bereich Kollektion die kreislauffähige Linoleum-Reihe „Originale Essenza+“ von Tarkett/Desso ausgezeichnet. Das natürliche Linoleum besteht bis zu 97 Prozent aus natürlichen Rohstoffen und zu 77 Prozent aus erneuerbaren Materialien.

Eine Auszeichnung in der Kategorie Studie erhielt Lara Weller für das von ihr an der Bauhaus-Universität Weimar entwickelte Material „ BetaWare“. Dieses besteht aus Zuckerrübenzellulose und Melasse, welche vegan und kompostierbar ist. „Die Studie liefert einen hervorragenden und inspirierenden Ansatz, ein Material wirklich kreislauffähig herzustellen“, urteilte die Jury. Bereits mehrfach ausgezeichnet wurde auch die Produktdesignerin Lea Schücking. Sie führt mit ihrem Produkt „shards“ Bauschutt in den Kreislauf zurück und hat ein Verfahren entwickelt, um Fliesen daraus herzustellen. Jedes Jahr werden allein in Deutschland 14 Mio. Tonnen Ton für neue Fliesen abgebaut, während gleichzeitig die vierfache Menge an Schutt anfällt. „Mit unserem Produkt wollen wir einen neuen Umgang mit Bauabfällen anstoßen. Denn Abfall ist nur Ressource am falschen Ort“, sagt die Entwicklerin.

Gestalten mit Sinn

Im Fissler- Flagship-Store kommen vor allem Naturmaterialien zum Einsatz.

Im Fissler- Flagship-Store kommen vor allem Naturmaterialien zum Einsatz.
Foto: Jens Pfisterer

Erfolgreich mit Abfall geht auch die Firma Ganter beim Ladenbau für den Mobilitätsanbieter Lynk & Co um. In den sogenannten Lynk-Clubs wird neben Fahrzeugen und Kaffee auch eine Auswahl von Produkten angeboten. Die Präsentationsmöbel bestehen zum Teil aus zu Kuben gepresstem Aluminiumschrott, einem Abfallprodukt der Fahrzeugindustrie. Aber lohnt sich der Einsatz von wiederverwendeten Stoffen im Ladenbau neben ihrer gestalterischen Funktion auch finanziell? „Recyclingmaterialien sind nicht teurer als Standardmaterialien, aber es gibt auch viele Beispiele, bei denen sie mehr kosten. Ich denke aber, dass es sich definitiv lohnt, sich mit dem Thema zu befassen, weil es uns in Zukunft mehr und mehr beschäftigen wird“, so Thomas Zeiske, Projektmanager bei der Ganter Group aus Waldkirch.

Auf Wunsch der Bauherrschaft wurde in der Schaukäserei La Fetta im Piemont ebenfalls ein recyceltes Material zum Hauptmotiv der Gestaltung und so gleichzeitig der Bezug zum Produkt geschaffen. Mit der Wiederverwendung von gereinigten alten hölzernen Käsereifebrettern, die starke Gebrauchsspuren zeigen, werden Ort und Herstellungsprozess gewürdigt. Die Planken bedecken fast den gesamten Laden und werden zu Wänden, Tresen, Treppen und Regalen, vervollständigt wird das Bild durch Platten aus Edelstahl.

Rohstoff auf dem Wertstoffhof

Rohstoff auf dem Wertstoffhof
Foto: Ganter

Aus Alt mach Neu

Bei der Mehrzahl der jüngeren Retail-Eröffnungen lässt sich ein Bezug zwischen Ladenbaumaterial und Produkt bzw. Marke ablesen, wie etwa beim neuen Markenauftritt des Haushaltswarenherstellers Fissler. Ein Küchenblock bildet das zentrale Element des modularen Designs. Authentisches und natürliches Material wie helles Eschenholz, die Keramikarbeitsplatte und anthrazitfarbener Stahl sind langlebig und spiegeln die Wertigkeit der Produkte wider, für die die Traditionsmarke steht. Wichtiges Motiv beim Bauen im Bestand ist dabei auch der der respektvolle Umgang mit der vorhandenen Substanz.

Silvia Talmon von der Kölner Agentur The Store Designers: „Ich rate oft dazu, dass nicht immer alles direkt weggeschmissen werden muss. Manchmal bieten sich sogenannte Lap-Over-Systeme an. Das heißt, der Kern des Ladenbaues bleibt bestehen und nur vereinzelte Oberflächen werden ausgewechselt und hier im Speziellen auf Nachhaltigeres gesetzt. Neue Wandfarbe und vor allem hochwertiges Licht geben oft schon einen komplett anderen Look.“

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