Fassaden und Schaufenster: Mehr Gefühl für die Außenwirkung | stores+shops

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Kunst, Handwerk, Design und Ästhetik – was die Luxusmarke Loewe ausmacht, kommuniziert die Store-Fassade, hier in Costa Mesa/Kalifornien, auf den ersten Blick.
Foto: Loewe

Fassaden und Schaufenster: Mehr Gefühl für die Außenwirkung

Im Ringen um die Aufmerksamkeit der Kund:innen spielen Store-Fassaden und Schaufenster eine wichtige Rolle. Doch was verspricht den größten Erfolg? Soll das Schaufenster informieren oder eher inspirieren? Geht auch beides? Sicher ist, dass die Außenwirkung vieler Stores hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt.

Immer noch gibt es sie: Dunkle Schaufenster, die auch bei Tag Zweifel aufkommen lassen, ob ein Laden wirklich geöffnet ist. Den Gegenpol bilden die großzügigen bodentiefen Fensterfronten neuerer Geschäftshäuser, die den Blick in die Tiefe eines Stores uneingeschränkt freilassen und die Eintrittsschwelle auf ein Minimum senken – vorausgesetzt, das Ladeninnere strahlt attraktiv genug nach außen. Eine neue Hürde errichtet nun allerdings der Energiesparplan, der dem Einzelhandel geschlossene Türen und eine nachts abgeschaltete Fassadenbeleuchtung verordnet.

Die britische Kosmetikmarke Lush kommuniziert und visualisiert das Cradle-to-Cradle-Prinzip im Fenster.

Die britische Kosmetikmarke Lush kommuniziert und visualisiert das Cradle-to-Cradle-Prinzip im Fenster.
Foto: Lush

Die verschärften Rahmenbedingungen sollten ein Grund mehr sein, der Außenwirkung von Stores und Schaufenstern – die übrigens weiterhin durchgehend beleuchtet werden dürfen – besondere Beachtung zu schenken. Doch die Realität erzählt eine andere Geschichte. Bisweilen scheint es, als wäre in vielen Handelsunternehmen das Bewusstsein für den Wert der Fassade und der Schaufenster als Storyteller, Impulsgeber und ‚Markenzeichen‘ verloren gegangen. „Ja, wir waren da schon mal weiter“, bestätigt Christoph Stelzer, Managing Director bei Dfrost und Präsident des VMM, Verband für visuelles Marketing/ Merchandising. „Viele Einzelhändler lassen ihre Wareninszenierung schleifen.“

Zu viel Verwirrung

Viele Fensterfronten neigen aktuell zum gnadenlosen Overload: Auf Screens und Plakaten wird der Kunde über Gift Cards, Gutscheine und Kundenkarten unterrichtet. Komplexe Rabatt-Arithmetik im Stil von „bei vier reduzierten Artikeln zusätzlich minus 15 Prozent“ versucht auch außerhalb der Sale-Zeiten zu überzeugen. Der Click & Collect- und To-go-Service werden ebenso erklärt wie die Sehstärkenbrille, die in einer Stunde abholbereit ist, und sogar Garantiebedingungen bei Produktkauf werden in allen Einzelheiten erläutert.

Viele Mainstream-Marken zeigen im Fenster, was sie auf Instagram posten. Eine Marke wie Louis Vuitton hingegen postet, was sie in ihrem Schaufenster inszeniert.

Christoph Stelzer

Managing Director, Dfrost Retail Identity, VMM

Auch all die famosen Nachhaltigkeits-Statements müssen auf die Scheibe und ein QR-Code, der auf den Onlineshop verlinkt. Die Botschaften überlagern sich, für eine Produktinszenierung bleibt hier wenig Raum.

Zauberhafte Interaktion: Bälle hüpfen über die Fassade oder es regnet Sterne, sobald sich jemand dem neuen O2-Live-Store in Berlin nähert.

Zauberhafte Interaktion: Bälle hüpfen über die Fassade oder es regnet Sterne, sobald sich jemand dem neuen O2-Live-Store in Berlin nähert.
Foto: Umdasch The Store Makers

„Es ist kontraproduktiv, ein Fenster mit drei, vier verschiedenen Botschaften zuzukleistern. Denn dann nimmt der Passant gar nichts davon auf. Das Gehirn reagiert auf cleane, leicht zu erfassende Situationen. Man hat nur zwei, drei Sekunden Zeit, um wahrgenommen zu werden“, betont die Visual Merchandiserin Karin Wahl, die den Einzelhandel zum Thema berät, Vorträge hält und Bücher darüber schreibt.

Emotional berühren

Während allseits mehr emotionales Erlebnis im stationären Handel beschworen wird, mutiert ausgerechnet das Schaufenster zu einer Art physischem Newsfeed. „Gerade in diesen harten Zeiten ist der Schaufensterbummel ein kleiner Luxus, den man sich gönnt, eine Auszeit vom Trommelfeuer an Nachrichten und Informationen“, so Karin Wahl.

Sie plädiert dafür, die Kund:innen weniger mit Zahlen und sachlichen Argumenten zu konfrontieren als sie vielmehr mit schönen Produkten und inspirierenden Inszenierungen aus ihrem Alltag zu entführen. „Ein paar Teddys über der Tür des Spielwarengeschäfts oder ein handgemalter Spruch auf einer Tafel am Blumenstand im Eingang eines Rewe- Markts – sogar kleine persönliche Gesten können tief berühren.“

Digital Signage: Energiespartipps

Das Thema „Green Signage“ gewinnt durch die aktuellen Verordnungen an Aufmerksamkeit. Tipps für einen nachhaltigen Betrieb von Digital-Signage-Installationen von Erik Elbert, Senior Product Manager LFD & Computing Technologies bei Sharp NEC Display Solutions Europe.

Displays, Mediaplayer und andere Devices sollten kontinuierlich überwacht und aktiv gesteuert werden.

Displays, Mediaplayer und andere Devices sollten kontinuierlich überwacht und aktiv gesteuert werden.
Foto: Sharp/NEC

  • Bei vielen bestehenden LED-Installationen ist ein Abschalten nicht vorgesehen, da sie bislang im 24/7-Betrieb waren. Selbst im Stand-by-Modus laufen LED-Displays noch mit einem gewissen Prozentsatz an Leistungsaufnahme. Heute sind allerdings sowohl LED als auch LCD technisch so ausgereift, dass einem täglichen Herunterfahren nichts im Weg steht.
  • Ein „Quick Fix“ wäre hier etwa eine Einschaltsteuerung – automatische An- und Abschaltzeiten können mit einer Software-Lösung festgelegt werden.
  • Nicht zu unterschätzen ist auch die Content-Auswahl bei LED: Der Wechsel auf einen schwarzen Hintergrund mit weißer Schrift kann den Stromverbrauch um bis zu 50 Prozent senken.
  • Aktives Device Management: Displays, Mediaplayer und andere Devices sollten kontinuierlich überwacht und aktiv gesteuert werden. Wichtig sind hierfür ein Netzwerkzugang und Fernzugriff auf alle Hardware-Devices – serielle Verbindungen wie RS232 sind nicht mehr up-to-date.
  • Sensorik, einer der wichtigsten Hebel für „Green Signage“, lässt sich nachrüsten, falls nicht schon integriert. Mit Umgebungslichtsensoren lassen sich zwischen 20 bis 30 Prozent Energie einsparen. Bewegungssensoren in Retail-Installationen, die die Displayhelligkeit standardmäßig auf ein Minimum dimmen und erst hochfahren, wenn Passant:innen den Sensorbereich betreten, erzielen eine Energieersparnis von bis zu 25 Prozent und verlängern die Nutzungsdauer der Displays erheblich.
  • Qualität und langlebig eingesetzte Display-Lösungen sparen Strom und reduzieren den CO2-Fußabdruck von Installationen.

Doch es gibt eben auch die Unternehmen, die viel zu erzählen haben und dafür ganz gezielt und gut die Fassade nutzen. Zum Beispiel die britische Kosmetikmarke Lush, die auf Schaufenster setzt, die Werte und Botschaften vermitteln. „Wir nutzen unsere Schaufenster, um wichtige Kampagnen zu teilen und unsere Kundinnen und Kunden über Themen aufzuklären, die mit unserer Ethik und unseren Werten übereinstimmen“, sagt Scott Mackay, Retail Lead bei Lush Deutschland.

Auch eine Art der Außenwirkung: Roadshow der Luxusuhren-Marke Longines im umgebauten und -designten Airstream, der durch fünf Städte tourte.

Auch eine Art der Außenwirkung: Roadshow der Luxusuhren-Marke Longines im umgebauten und -designten Airstream, der durch fünf Städte tourte.
Foto: Dfrost Retail Identity

„Wir sind der Meinung, dass Schaufenster nicht nur dem Zweck dienen, Produkte auszustellen, sondern eine Plattform sind, um unsere Geschichten mit der Öffentlichkeit zu teilen und Gespräche mit Kundinnen und Kunden anzuregen, wenn sie uns im Shop besuchen. Außerdem ermutigen wir unsere Shop-Teams, lokal relevante Themen, über die sie sprechen möchten, in ihren Schaufenstern aufzugreifen. Das stärkt die Verbindung zur lokalen Gemeinschaft und kann einen Austausch anregen.“

In Gestaltungs-Know-How investieren

Vielerorts herrsche ein Personalproblem, analysiert Stelzer die Gründe für nachlässig hergerichtete Store-Fassaden: „Bei vielen Mainstream-Marken wird eine Person aus dem Verkauf auch noch mit Warenpflege, Visual Merchandising und Schaufensterdekoration betraut. Da fehlt die Expertise.“ Eine durchgängig wirkungsvolle Wareninszenierung auf der Fläche und in den Fenstern erfordert eben das gestalterische und technische Know-how ausgebildeter Visual Merchandiser.

Mango Teen saugt mit seinem signifikanten Design die Passanten förmlich in den Store hinein.

Mango Teen saugt mit seinem signifikanten Design die Passanten förmlich in den Store hinein.
Foto: Luis Beltran für Masquespacio

Um Mitarbeitende aus dem Verkauf an die Wareninszenierung heranzuführen, veranstalten Unternehmen wie Dfrost und Karin Wahl Personalschulungen oder supporten mit detaillierten Design- Guidelines. Auch die Tatsache, dass sich der Content auf Screens und Plakaten in den Schaufenstern stilistisch inzwischen häufig an die Art der Kommunikation im Internet anlehnt oder von dort übernommen wird, liefert Christoph Stelzer Anlass zur Kritik: „Um Geld zu sparen, lässt man die Image-Fotos und Videos einer Saisonkampagne auf den Screens im Fenster durchlaufen.

Ist es schlau, den Content, der ohnehin in allen digitalen Kanälen läuft, auch noch ins Fenster zu holen – statt die eigenen Stärken hervorzuheben? Nein, denn Content sollte jeweils auf den Kanal zugeschnitten werden, jeder Touchpoint braucht seinen spezifischen ‚Call-to-Action‘. Und wenn wir von stationärer Experience sprechen, dann heißt das für mich, die Schaufenster, die es ja nur im stationären Handel gibt, mit einem Kundenerlebnis auszustatten, das es nur stationär geben kann.“

Marken wie Louis Vuitton oder Boss verwenden laut Stelzer viel Energie darauf, ihre Lifestyle-Welten an jedem stationären Standort neu und anders lebendig werden lassen und damit auch die digitalen Kanäle zu füttern. Der kleine Unterschied, der die Spreu vom Weizen trennt, so Stelzer, ist: „Viele Mainstream-Marken zeigen im Fenster das, was sie auf Instagram posten. Viele High-End- Marken posten das, was sie in ihrem Schaufenster inszenieren.“

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