Urbanes Flair im Schwarzwald | stores+shops

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Geradezu mutig: die Zusammenstellung der Farben Zitrone, Curry, Terrakotta und Nude an Wand und Decke sowie auch bei Mittelraum- und Sitzmöbeln. (Foto: Modehaus May)

Urbanes Flair im Schwarzwald

Das Modehaus May in Waldshut-Tiengen hat durch einen Neubau am Haupthaus seine Fläche um 1.000 qm auf 4.000 qm erweitert und die gesamte Fläche komplett renoviert. Das neue Interior Design sollte klar und natürlich sein, aber auch urbane Lässigkeit in den Schwarzwald bringen.

„Gastfreundschaft ist die Kunst, seine Besucher zum Bleiben zu veranlassen, ohne sie am Aufbruch zu hindern.“ Dieses Zitat ist auf der Website des Modehauses May zu lesen. Es könnte auch die Leitlinie des Erweiterungs-Umbaus gewesen sein, der die Modernisierung sämtlicher Bestandsflächen einschloss. Diese beherbergten bis 1956, als die Unternehmerfamilie May das Gebäude erwarb, ein Hotel.

Im gesamten Komplex des neuen Modehauses befinden sich liebevoll gestaltete Sitzgelegenheiten zum Verweilen. Zudem ist jetzt an zentraler Stelle der Treppenanlage das „Café und Deli Friedrich’s“ ein neuer Anziehungspunkt. Frische, saisonale und wenn möglich regionale Produkte stehen zum Genießen an der Theke oder zum Mitnehmen bereit.Sie sind umweltfreundlich verpackt, zum Beispiel in echten Weck-Gläsern, die nicht nur stylish aussehen, sondern dank Pfandsystem zum Wiederkommen animieren. Auch ein „eigener“ Coffee-to-go-Becher von Kahlo Design gehört zum Mehrweg-Konzept.

Unternehmensgruppe May: Platzhirsch

Das Familienunternehmen wurde 1930 von Elise Gröber, geb. May gegründet. 1994 trat der heutige Firmenchef Ulrich Gröber in dritter Generation in die Geschäftsführung ein. Zur May-Gruppe gehören Modehäuser in Waldshut-Tiengen (4.000 qm) und Bad Säckingen (2.400 qm), Sporthäuser in Waldshut-Tiengen (1.500 qm) und Laufenburg (900 qm), das Kurzwarengeschäft May Knopf + Faden in Waldshut-Tiengen (70 qm), ein Baby One-Fachmarkt in Laufenburg (950 qm) sowie ein Vedes Spiel & Freizeit-Geschäft in Waldshut-Tiengen (380 qm).

Bereits 2015 wurde die Bielefelder Unternehmensberatung Hachmeister+ Partner in die Neukonzeption einbezogen. Für Ulrich Gröber, Firmenlenker in dritter Generation, war von Anfang an klar: „Ein nordischer Stil sollte die neue Inneneinrichtung prägen und ganz viel Großstadt-Feeling mit sich bringen.“ Die verantwortliche Innenarchitektin Nathalie Vogelbacher konkretisiert: „Der Stil ist reduziert und natürlich, mit vielen hellen und auch rohen Hölzern, aber er ist auch hip, urban und lässig. Innovatives Design und Überraschungs-Momente gehören ebenso dazu wie Zeitlosigkeit und hohe Flexibilität.“ Überraschend sind die teils kräftigen Farben sowie besondere Einrichtungselemente, zu denen moderne Designobjekte ebenso zählen wie Klassiker. Aus den May-Beständen stammt Retro-Mobiliar, darunter eine Massivholz-Ladentheke aus den 30er-Jahren und ein Chefdrehsessel, den einst Alex Gröber, der Onkel des heutigen Firmenchefs nutzte.

Zweifarbiger Anstrich

Statt UG , EG oder 1. OG heißen die Etagen jetzt Lobby, Butik, Loft, Studio und Appartement. Die Lobby, die trendige Damenmodemarken präsentiert, ist durch die hohe Eingangshalle des ehemaligen Hotels gekennzeichnet. Es wurde ein zweifarbiger Anstrich gewählt: unten Vanille, oben Weiß. Pinkfarbene Wandscheiben setzen ebenso Akzente wie Rautentapeten von Cole & Son und eine pastellfarbene Accessoires-Wand mit Holzringen der dänischen Möbelmarke Hay. An den Wänden: Schwarzweiß-Fotos des aktuellen May-Modeshootings in Paris, daneben Vintage-Motive aus den May-Archiven. Grünpflanzen runden die Inszenierung ab.

Das zentrale „Café und Deli Friedrich’s“: Take-away-Speisen in Weckgläsern auf Pfandbasis sind noch ein Grund zum Wiederkommen. (Foto: Modehaus May)

Das zentrale „Café und Deli Friedrich’s“: Take-away-Speisen in Weckgläsern auf Pfandbasis sind noch ein Grund zum Wiederkommen. (Foto: Modehaus May)

Ebenfalls im Parterre befindet sich die Butik, die neue „modische Speerspitze“. „Sie verzeichnet von Anfang an gute Umsätze“, sagt Ulrich Gröber, das progressive und deutlich hochpreisigere Sortiment komme bei den Kundinnen an. Gestalterisches Highlight ist eine „schwebende“ Theke in silberner Prismenoptik. Ein anspruchsvoller Architektenentwurf, den Helia Ladenbau umsetzte. Helia-Projektleiter Andreas Kimmig: „Zahlreiche Elemente haben eine spezielle Oberfläche beziehungsweise Oberflächenbehandlung erhalten.“

Das Studio, das sich eine Etage höher ebenfalls im Altbau befindet, ist Damenschuhen gewidmet. Geradezu mutig: die Zusammenstellung der Farben Zitrone, Curry, Terrakotta und Nude an Wand und Decke sowie auch bei Mittelraum- und Sitzmöbeln. „Das Farbkonzept verläuft meist auch über die Decke und erzeugt dadurch einen ganzheitlichen Eindruck“, erläutert Nathalie Vogelbacher.

Cool und urban gibt sich das mit Damen-Businessmode bestückte Loft auf derselben Ebene im Neubau. Aufwändiger Glitzerputz trifft hier auf Tapeten und Theken in nüchtern weißer Fliesenoptik. Ein Stockwerk tiefer erwartet das Appartement die Frauen mit Casualwear, umrahmt von einem dunklen Blauton. Das Pendant für die Herren setzt auf Blau-Grau-Schattierungen, mit Eichenholz kombiniert.

Verschiedene Farbigkeiten

Die Heimat Schwarzwald greift der Club auf, farblich mit dunklem Moosgrün und frischem Hellgrün. Holzdielen mit massiver Baumrinden-Kante wurden von Helia schwebend an den Wänden montiert, um wirkungsvoll Schuhe zu inszenieren. Mit dem Loft im Untergeschoss wurde das Angebot für Männer auf nunmehr zwei Stockwerke ausgebaut. Eine Theke aus massiver Eiche, das Vitra-Sofa „Polder“, Nahreserven in dunklem Grün und die Blatt-Tapete „Brasilia“ geben dem Herren-Loft seinen Charme. In das ganze Haus wurden lediglich vier Lead-Marken-Shops integriert – von Ya Ya, Marc O’Polo, Tommy Hilfiger und Hugo Boss – ,was ebenfalls zum Ausdruck bringt, dass May die Marke ist.

Marken-Mittelpunkt ist die Bar „Friedrich’s“, die mit blau-weißen Keramikfliesen auf dem Podestboden und an der Rückwand Fernwirkung erzielt. Vor der Theke aus unsortierter, unbehandelter Esche in Brettoptik stehen Barhocker. Bei den Regalen handelt es sich um Elemente der Vitra-Serie „Kado“, die – neben „Beam“ – im ganzen Haus zum Einsatz kommt. Die Hängeleuchten aus der Marset-Kollektion muten textil an, obwohl sie aus Porzellan sind.

Modehaus May, Waldshut-Tiengen

Adresse: Kaiserstraße 57, 79761 Waldshut
Eröffnung: 14. September 2017
Verkaufsfläche: 4.000 qm
Architektur Neubau, Koordinierung der baulichen Gewerke: Ernesto Preiser,
Waldshut-Tiengen
Konzeption/Planung Inneneinrichtung: Nathalie Vogelbacher, Waldshut-Tiengen, Hachmeister + Partner, Bielefeld
Ladenbau: Helia Ladenbau, Oberkirch-Nußbach; Systeme: Vitra, Birsfelden
Beleuchtungsplanung: Vedder Lichtmanagement, München

Die Beleuchtung wurde komplett auf LED-Technik umgestellt. „Wir haben im Vorfeld sorgfältige Bemusterungen vor Ort durchgeführt“, berichtet Reinhard Vedder, Geschäftsführer von Vedder Lichtmanagement. Das Ziel: „Eine natürliche, warmtonige Lichtwirkung sowie eine exzellente Farbwiedergabe, die nicht nur die Ware, sondern auch das gestalterische Farbkonzept optimal zur Geltung bringt.“ Um eine ruhige Deckenoptik zu gewährleisten, plante Vedder Lichtmanagement mit An- und Einbauleuchten aus einer Strahler-Familie. Über die Vorschaltgeräte wurden, je nach Abteilung, unterschiedliche Helligkeiten eingestellt, die sich im laufenden Betrieb verändern lassen. Reinhard Vedder sagt, dass eine Dali-Steuerung in manchen Teilen des Altbaus nicht nachrüstbar gewesen sei. Die Strahler im Treppenhaus sind allerdings per Smartphone dimm-, dreh- und schwenkbar.

„Insgesamt können wir auf einen reibungslosen und unkomplizierten Umbau zurückblicken“, resümiert Ulrich Gröber, der schon weiterplant. Wäsche und Dessous, aktuell wie die Kindermode auf einer Übergangsfläche untergebracht, erhalten im März nächsten Jahres unter dem Namen „May Lingerie“ ein eigenes Domizil. Im Dachgeschoss des May-Mode-Neubaus soll dann 2019 das Gourmet-Restaurant „Elise“ eröffnen. Und auch über ein Design-Hotel am Standort denkt Ulrich Gröber ernsthaft nach.

Fotos (8): Modehaus May

Weitere Informationen: redaktion@ehi.org

Lars Friedrich, Manager Visual Brand Management bei der Bielefelder Unternehmensberatung Hachmeister + Partner über mögliche Fehler bei der Planung von Um- und Neubauten und worauf es tatsächlich ankommt.

Ihr Unternehmen ist auf die Fashionund Lifestylebranche spezialisiert. Welche ehler werden aus Ihrer Sicht bei der Planung von Umbauten und Neueröffnungen in diesem Segment, aber auch darüber hinaus häufiger gemacht?

Stärker als bisher sollten die Produkte den Ladenbau definieren. Kombiniert mit den klaren Markenwerten des Händlers oder der Brand ist das der erste Schritt zu einem wirtschaftlichen Konzept, das dennoch emotional punkten
kann. Stattdessen steht der Ladenbau häufig zu sehr als Gestaltungsmittel für sich selbst. Das kann aus Dachmarken-Perspektive sinnvoll sein. Entscheidend ist aber, Begehrlichkeit für die Produkte zu wecken und darüber Umsatz zu generieren. Zudem planen Architekten und Einkäufer oftmals parallel statt miteinander. Diese Vorgehensweise rächt sich in Warenträgern,
die zwar ein tolles Design aufweisen mögen, aber nicht auf die benötigten Kapazitäten für den erforderlichen Quadratmeter-Umsatz abgestimmt sind. Ineffizient sind auch Warenträger ohne Nahreserve oder Wandabwicklungen ohne die Möglichkeit der Outfit-Präsentation. Inspirierende Outfit-Vorschläge sollten permanent auf den Flächen präsent sein – leider macht aktuell das Internet dem Stationärhandel vor, wie der Mehrteileverkauf“ funktioniert. Ohnehin sollte mehr Platz für Emotion geschaffen werden, mehr Raum also, um dynamisch wechselnde Dekorationen einzubringen, die während der Saison Impulse setzt. Last, but not least sind Elemente des Marketings und der Kommunikation sowie kanalübergreifende Zugänge zu Produkten und Serviceleistungen noch zu wenig in heutiges Storedesign integriert.

Wie sieht vor diesem Hintergrund ein idealer Planungs-Prozess aus?

Ein Beratungsprojekt beginnt sehr früh und hinterfragt: Was ist das Ziel des Umbaus oder Neubaus? Was wollen die Kunden? Was funktioniert am Markt? Auf datengestützter Basis – dazu gehören Kundenkarten-Analysen und Benchmark-Vergleiche – und unter Berücksichtigung der Dachmarkenwerte erarbeiten wir in fachübergreifenden Workshops Zieldefinitionen, Planungsabläufe und -hilfen, an denen sich die Entwickler und Dienstleister dann
sehr gut orientieren können. Welche Marken-Nachbarschaften sich auf der Fläche aus Kundensicht empfehlen, das ist nur ein Beispiel,
worüber unsere umfassenden Datenanalysen Auskunft geben. Im Projektverlauf sehen wir uns dann als Vermittler zwischen den Fachabteilungen und Dienstleistern.

In welcher Weise haben Sie konkret beim Erweiterungsumbau des Modehauses May in Waldshut-Tiengen mitgewirkt?

Hier begann die Konzeptphase schon ein Jahr vor der Detailplanung des Ladenbaus. Wir haben unter anderem mit einem Projektteam aus Einkäufern und Interior-Designern die Struktur der Flächen inklusive der Platzierung von Bestandsmöbeln sowie neu entwickelten Aggregaten entwickelt, die auf den Bedürfnissen der Ware basieren.

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