Expandieren in der Krise: Des einen Freud ist des anderen Leid | stores+shops

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Die deutschen City-Lagen werden ihr Gesicht verändern, wenn neue Konzepte dorthin expandieren – so wie die Schadowstraße in Düsseldorf, die inzwischen teilweise in eine Fußgängerzone umgewandelt wurde.
Foto: Pixaby

Expandieren in der Krise: Des einen Freud ist des anderen Leid

In den vergangenen Monaten gab es viele Hiobsbotschaften über Handelsplätze und -immobilien. Doch während sich manche Unternehmen aus den Einkaufsstraßen zurückziehen (müssen), expandieren andere mit weiteren Filialen. In den Innenstädten vollzieht sich ein Strukturwandel.

Der Handelsverband Deutschland (HDE) hat errechnet, dass jeder durch den Lockdown verlorene Verkaufstag die stationären Händler 700 Mio. Euro kostet beziehungsweise gekostet hat. Pro Woche sind das 4,2 Mrd. Euro Verlust. In Summe hat das den Handel schwer getroffen – mit unterschiedlichen Unternehmens- und Branchenkonjunkturen. Während manche Händler ihr Filialnetz ausgedünnt haben oder gar in die Insolvenz gerutscht sind, setzen andere auf Expansion.

Wie gemischt das Bild ist, bestätigt Ariane Breuer. Sie ist Geschäftsführerin des Unternehmens Clever Expandieren, das Einzelhändler und Gastronomieunternehmen bei der Expansion unterstützt. „Wir haben einige Kunden, die zunächst in Schockstarre verfallen sind und alle Anmietungen auf Eis gelegt haben“, berichtet die Expertin und fügt hinzu: „Es gibt aber auch Unternehmen, die sagen, die Chancen waren nie größer als jetzt.“ Nicht zuletzt, da attraktive Standorte frei werden.

Die traditionsreiche Modekette Adler etwa musste Insolvenz an- melden. Das Unternehmen betreibt rund 140 Geschäfte in Deutschland. Die Deko-Kette Depot will laut Medienberichten bis Ende 2021 rund 35 Filialen schließen. Auch Douglas, Zara, Esprit, Pimkie, Runners Point und andere ziehen sich verstärkt aus den Einkaufsstraßen zurück. Ebenso beabsichtigt H&M, weltweit 250 Filialen zu schließen. Wie viele davon auf Deutschland entfallen, ist laut aktueller Berichterstattung noch unklar.

Es gibt Unternehmen, die sagen, die Chancen waren nie größer als jetzt.

Ariane Breuer

Geschäftsführerin, Clever Expandieren

Discounter schließen Lücken

Die Lücken, die auf den Einkaufsstraßen entstehen, wollen nun andere Unternehmen füllen, die vorher eher selten dort anzutreffen waren. Dazu gehören etwa die Discounter, für die das Highstreet-Segment lange Zeit wegen der hohen Mieten unattraktiv gewesen ist. Durch die Corona-Krise und den Strukturwandel im Einzelhandel, von dem unter anderem der Fashion-Bereich stark betroffen ist, hat sich das jetzt geändert. „Wo immer es vom Mietpreisniveau her klappt, versuchen die Discounter in die absoluten 1a-Lagen zu kommen“, sagte Dirk Wichner, Leiter der Einzelhandelsvermietung Deutschland beim internationalen Maklerkonzern JLL, der Deutschen Presse-Agentur. Ariane Breuer macht ähnliche Erfahrungen: „Wir stellen ebenfalls fest, dass sich die Nahversorger umschauen und ihre Rolle verstanden haben, einen Beitrag zur Stadtentwicklung zu leisten.“

Auch Nonfood-Discounter wie Tedi, Action, Kik, Woolworth und Kodi begannen 2020 damit, die Eröffnung Hunderter neuer Läden in Deutschland zu planen. Ebenso hat der französische Sportartikel-Händler Decathlon vor, sein Geschäft hierzulande auszuweiten, wie etwa die Wirtschaftswoche berichtete.

Trend zum „One-Stop-Shopping“

Discounter, wie hier Aldi Süd auf der Flinger Straße in Düsseldorf, nehmen die Innenstädte in den Blick.

Discounter, wie hier Aldi Süd auf der Flinger Straße in Düsseldorf, nehmen die Innenstädte in den Blick.
Foto: Aldi Süd

Aldi Süd und Aldi Nord haben bereits in der Öffentlichkeit mehrfach bekundet, bereit zu sein, die Lücken in der Innenstadt zu schließen. Auch beim Konkurrenten Lidl beschäftige man sich intensiv mit Highstreet-Lagen. Damit folgt der Lebensmittelhandel einer Entwicklung, die Drogeriemarkt-Ketten wie dm, Rossmann oder Müller bereits durchlaufen haben. Ihre Filialen sind mittlerweile überall in innerstädtischen Lagen an zentralen Knotenpunkten oder in innerstädtischen Shopping-Centern zu finden. Hier gelten die Drogeriemärkte schon lange als Frequenzbringer, von denen auch andere Geschäfte profitieren können.

Diesen Trend scheint die Corona-Krise nun weiter beschleunigt zu haben. Eine aktuelle Studie des Marktforschungsunternehmens IRI zeigt, dass in der Pandemie der Hang der Kundinnen und Kunden zum „One-Stop-Shopping“ zugenommen hat. Sie suchten vor allem Orte auf, an denen sie die Produkte des täglichen Bedarfs im Verbund einkaufen konnten.

Top-Lebensmittel-Discounter: Marktanteile, Umsätze, Filialen

Lidl ist mit 27 Prozent Marktanteil der Platzhirsch unter den Lebensmittel-Discountern in Deutschland. Das Unternehmen setzte im Jahr 2020 fast 22 Mrd. Euro mit rund 3.200 Filialen um.

Aldi Süd kommt bei rund 2.000 Standorten auf ca. 16 Mrd. Euro und Aldi Nord bei 2.200 Verkaufsstellen auf mehr als 12 Mrd. Euro.

Die Discount-Vertriebslinie der genossenschaftlich organisierten Handelszentrale von Edeka, der Netto-Marken-Discount, erwirtschaftete einen Umsatz von 14,55 Mrd. Euro (rund 4.200 Filialen) und Rewe mit Penny 8,05 Mrd. Euro (2.200 Filialen).

Möbel in Highstreet-Lagen

Weniger ein Produkt des täglichen Bedarfs sind Möbel. Aber auch Möbelhändler haben die Innenstädte und die Highstreets für sich entdeckt. Der schwedische Möbel-Gigant Ikea ist schon seit einigen Jahren dabei – lange vor Corona –, die Expansion von der grünen Wiese in die Innenstädte zu verlagern.

Dass der Möbelhandel durchaus das Potenzial hat, ein innerstädtisch relevantes Sortiment zu werden, lässt sich aktuell sehr gut in Hamburg beobachten. Während auch in der Hansestadt über die Folgen der Pandemie geklagt wird und große Kaufhäuser wie Galeria Kaufhof und Karstadt Sport schließen müssen, findet in diesem Segment Wachstum statt. Die Innenstadt von Hamburg scheint sich sogar zu einem Hotspot für Einrichtung und Dekoration zu entwickeln. Anfang Dezember 2020 siedelte sich der dänische Möbelhändler Carl Hansen und Son an der ABC-Straße an. Nur wenige Monate zuvor eröffnete das französische Unternehmen Maison du Monde einen Flagship-Store in der Spitaler Straße – alles mitten in der Pandemie. Zara Home, H&M Home, Who’s perfect oder Kvadrat sind weitere Beispiele für diese Entwicklung.

Internationalisierung

Und auch internationale Marken haben während der Pandemie den deutschen Markt ins Visier genommen, obwohl dieser generell als schwierig für neue Akteure gilt. Das dänische Menswear-Label Shaping New Tomorrow etwa eröffnete im Juni seinen ersten Laden in Deutschland. Mit 300 qm am Neuen Wall in Hamburg ist der Store der bislang größte des Unternehmens. Die Marke ist schon seit 2018 hierzulande mit einem Onlineshop vertreten. Weitere Schritte sind geplant: „Auch in Deutschland soll das stationäre Retail-Geschäft in den kommenden Jahren ausgebaut werden“, teilte das Unternehmen mit.

Für Ariane Breuer sind all diese Entwicklungen nicht verwunderlich. „Dort, wo jetzt Leerstand in den Innenstädten entsteht, nutzen neue Retail-Konzepte ihre Chancen. Aber auch traditionelle Filialisten verschwinden trotz Rückbau nicht vollständig. Viele alte Türen werden wieder öffnen, daneben werden die Lücken aber anders gefüllt werden“, prognostiziert die Expansions-Expertin.

Krise als Neuanfang

Ariane Breuer ist sich sicher, dass jetzt wieder ein Aufschwung einsetzen wird und Retailer sowie Gastronomen expandieren werden. Die Anzeichen dafür zeigten sich schon während der Krise. „Als der erste Lockdown kam, haben wir uns gefragt, wie wir als Clever Expandieren weitermachen“, berichtet sie. Die Neukunden-Anfragen seien dann aber sogar gestiegen. Viele Unternehmen hätten nach Unterstützung gesucht. Expansionsabteilungen seien neu strukturiert worden.

Klar ist für Ariane Breuer, dass sich die Einzelhandelslandschaft gravierend verändern wird. „In den nächsten Jahren bleibt kein Stein auf dem anderen, sämtliche Expansionsstrategien müssen daher neu ausgerichtet werden.“ Aus Sicht der Expansions-Expertin ist es entscheidend, dass die Konzepte verstärkt auf Erlebnis, Nachhaltigkeit und Qualität setzen müssen, um zukünftig zu funktionieren und dass sie überdies mehr den jeweiligen Standort im Blick haben sollten: „Es ist ein langer Weg, der jetzt aber auch gegangen wird. Endlich.“ 

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