Hatten in den vergangenen zehn Jahren vor allem die umliegenden Städte in der Metropolregion Stuttgart mit neuen Shopping-Centern an Einkaufsmöglichkeiten aufgestockt, folgte in Stuttgart im Herbst 2014 ein Paukenschlag an Flächenerweiterung: Innerhalb weniger Wochen eröffneten die neuen Einkaufszentren Gerber und Milaneo und sorgten für eine Zunahme von 286 Läden mit einer Verkaufsfläche von 68.000 qm.
Dieser enorme Zuwachs stellte und stellt den gesamten Einzelhandelsstandort vor große Herausforderungen. So stehen auf der Stuttgarter Haupteinkaufsmeile Königstraße aktuell viele Mieter- und Eigentümerwechsel an: In den ehemaligen C&A zieht TK Maxx; die polnische Textilkette Reserved folgt auf das Buchhaus Hugendubel, und der Name Primark wird als Nachmieter im Karstadt gehandelt. Die Königstraße wird also künftig noch mehr niedrigpreisige Textilketten beherbergen, von denen die beiden letztgenannten bereits im Milaneo dabei sind. Der Filialisierungsgrad auf der Flaniermeile liegt mittlerweile bei 93 Prozent. Mieten von bis zu 320 Euro pro Quadratmeter belegen laut Immobilienexperte Colliers einen Spitzenplatz in Deutschland.
Inhabergeführte City-Geschäfte haben Ladenlokale, Sortiment und Werbung aufgefrischt. Zehn Unternehmen mit zusammen fast 1.500 Jahren Handelserfahrung haben sich Ende 2014 zu den Platzhirschen zusammengeschlossen, um gemeinsam ihre Stärken zu vermarkten. Mit dabei sind Namen wie Lederwaren Acker, Feinkost Böhm, Buchhaus Wittwer, Spielwaren Kurtz oder Mußler Beauty. Ein junges, vitales Netzwerk ist das Fluxus in der Calwer Passage in unmittelbarer Nähe zur oberen Königstraße. Der Konzeptmix vereint kleine Anbieter aus Shopping, Kunst, Unterhaltung und Café.
Das Gerberviertel hat ebenfalls – mit dem Gerber als Center mit Nahversorger-Anspruch sowie mit dem Outdoorspezialisten Globetrotter – eine Aufwertung erfahren. Im Obergeschoss des Gerber wird derzeit unter dem Namen Gerber Upstairs sukzessive ein neues Konzept umgesetzt, das auch die Bespielung mit Pop-up-Boxen vorsieht. Die Boxen sind hochwertig gestaltete, multifunktionale Verkaufsflächen entlang der Laufwege.
Alle Beteiligten in der Landeshauptstadt arbeiten nun daran, die Brücke zwischen beiden neuen Shopping-Centern zu bauen und die dazwischenliegende Königstraße auch künftig als Flaniermeile zu stärken. Häufige Demonstrationen, Kundgebungen verschiedener Interessensgruppen oder die mangelnde Verkehrsinfrastruktur halten den Handel in der Stau-Hauptstadt Stuttgart allerdings in Atem und kosten Umsatz. Der Handelsverband fungiert hier – gemeinsam mit der Cityinitiative CIS und anderen Akteuren – als Sprachrohr für eine ausgewogene Weiterentwicklung der Innenstadt und der Stadtteile. Eine Hauptforderung des Handelsverbands bundesweit: Die Kommunen müssen mit dem Einzelhandel gemeinsam eine ernsthafte Allianz für die Innenstädte eingehen.
Die Entwicklung der Einkaufsstadt Stuttgart bleibt auch in den nächsten Jahren spannend und in Bewegung, nicht zuletzt durch den Bau des Dorotheen-Quartiers von Breuninger, wo erneut mehrere Tausend Quadratmeter Handelsfläche hinzukommen werden.
Foto: C. Colliers International Stuttgart
Autorin Sabine Hagmann ist Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg.