Die Energiekosten im Zaum halten | stores+shops

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Foto: Fotolia / M. Johannsen

Die Energiekosten im Zaum halten

Die aktuelle Energie- und Klimapolitik von Bundesregierung und EU betrifft in hohem Maße auch den Einzelhandel. Auf die Branche kommen neue Anforderungen zu. Um den Herausforderungen zu begegnen, gewinnt die Nutzung weiterer Einsparpotenziale an Bedeutung.

„2016 muss der deutsche Einzelhandel allein 277 Millionen Euro Mehrkosten durch steigende Energie-Umlagen und -Abgaben bewältigen“, hat der Handelsverband Deutschland (HDE) hochgerechnet. „Die Kosten für die Energiewende und die Erreichung der Klimaschutzziele müssen fair verteilt werden. Derzeit werden Handelsunternehmen und Konsumenten überproportional belastet“, mahnte Kai Falk, Geschäftsführer Kommunikation und Nachhaltigkeit beim HDE, auf dem EHI-Kongress „Energiemanagement im Einzelhandel 2015.“

Handelsunternehmen werden überproportional belastet.

Kai Falk

Geschäftsführer Kommunikation und Nachhaltigkeit, Handelsverband Deutschland, Berlin

Darauf muss sich der Handel 2016 einstellen:

  • Die EEG-Umlage, die zum Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien beiträgt, steigt von derzeit 6,17 auf 6,354 Cent/kWh.
  • Die KWK-Umlage, mit der die Verbreitung von Kraft-Wärme-Kopplung gefördert wird, erhöht sich (sofern die Gesetzesnovelle wie geplant verabschiedet wird) für die Verbrauchergruppe <1.000.000 kWh/Jahr von 0,254 auf 0,445 Cent/kWh. Zudem entfallen voraussichtlich Vergünstigungen ab einem Verbrauch von 100.000 kWh, von denen laut HDE 95 Prozent des Lebensmittelhandels, aber auch Baumärkte, großflächige Textilfilialisten & Co. profitiert haben.
  • Die Umlage nach § 19 der Stromnetzentgeltverordnung, die die Entlastung stromintensiver Industrien finanziert, steigt für Verbraucher <1.000.000 kWh/Jahr von 0,237 auf 0,378 Cent/kWh.
  • Die Offshore-Haftungsumlage, die den Übertragungsnetzbetreibern zugutekommt, legt für die Verbrauchergruppe <1.000.000 kWh/Jahr von derzeit -0,051 (Rückerstattung von Überschüssen) auf 0,040 Cent/kWh zu.
  • Die Höhe der Umlage für abschaltbare Lasten, die der Stabilisierung des Stromnetzes dient, war zu Redaktionsschluss noch unklar (aktueller Stand: 0,006 Cent/kWh).

Anfang November hat die Bundesregierung darüber hinaus die sogenannte Klima- und Kapazitätsreserve beschlossen. Zum Herbst 2016 sollen acht Braunkohlekraftwerke in den „Reservemodus“ überführt und 2020 ganz stillgelegt werden. Dafür erhalten die Betreiber eine Art „Abwrackprämie“, die aus den Netzentgelten gespeist werden soll. Auch diese werden sich somit erhöhen.

Audit oder Energiemanagement-System

Zudem gibt es noch das Energiedienstleistungsgesetz. Im Dezember 2012 trat die Energieeffizienzrichtlinie (2012/27/EU) der Europäischen Union in Kraft. Deutschland setzte diese durch Neufassung des Energiedienstleistungsgesetzes (EDL-G) um. Bis zum 5. Dezember müssen Firmen, die nicht unter die EU-Definition für „kleine und mittlere Unternehmen“ (KMU) fallen, ein Energieaudit durchgeführt haben und dieses alle 4 Jahre wiederholen. (Unter www.stromeffizienz.de/KMU-Check  kann per Schnelltest geprüft werden, ob man betroffen ist oder nicht.) Ein Energieaudit ist die systematische Erfassung und Analyse von Energieeinsatz, Energieverbrauch und Energiekosten inklusive Vorschlägen zur Effizienzsteigerung. Es kann von einem externen Energieberater oder einem qualifizierten eigenen Mitarbeiter durchgeführt werden.

Für Unternehmen, die über eine große Anzahl ähnlicher Standorte verfügen ist es möglich, das sogenannte Multi-Site-Verfahren anzuwenden. Damit genügt es, statt flächendeckender Auditierung eine kleinere Anzahl repräsentativer Filialen auszuwählen. Die Audit-Verpflichtung entfällt, wenn Unternehmen bis zum Stichtag ein Energiemanagementsystem nach DIN ISO 50001 oder ein Umweltmanagementsystem nach EMAS eingeführt bzw. nachgewiesenermaßen mit der Einrichtung begonnen haben.

Laut der Studie „EHI-Energiemonitor 2015“ wählen 67 Prozent der Händler zunächst das Audit, 33 Prozent führen ein Energiemanagement ein oder haben dieses bereits eingeführt. Schon aus eigenem Interesse haben viele Unternehmen ihr Monitoring ausgebaut, um „Energiefresser“ transparent zu machen sowie in verbrauchssenkende Maßnahmen investiert. Die gesetzlichen Regelungen empfinden sie somit vor allem als bürokratischen Mehraufwand.

Effizienzlücke noch immer groß

Und doch kann das Resümee nur lauten, den Weg weiterzugehen. Prof. Dr. Martin Becker vom Institut für Gebäude- und Energiesysteme (IGE) an der Hochschule Biberach sieht noch eine gewaltige „Effizienzlücke“: „Technisch ist inzwischen eine Menge möglich, was aber nicht immer ökonomisch ist. Doch selbst das wirtschaftlich nutzbare Potenzial wird bei Weitem nicht ausgeschöpft.“ Das bestätigt die Studie „Energieeffizienz im Einzelhandel. Analyse des Gebäudebestandes und seiner energetischen Situation“, die das EHI im Auftrag der Deutschen Energie-Agentur (dena) erstellt hat. Demnach beschränkt sich das Thema Energiemanagement in den meisten Handelsunternehmen auf die strombetriebene Anlagentechnik und lässt das Gebäude, seine Hülle und die Wärmeversorgung oftmals außer Acht. Das Potenzial ist groß: Über 80 Prozent der Gebäude des Handels wurden vor 1978, also vor Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung erbaut.

Als Hemmschuh erweist sich hierbei, dass in 85 Prozent der Fälle die Händler Mieter und nicht Eigentümer der Immobilien sind. Dr. Nicole Röttmer, Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens The CO-Firm, Hamburg, rät ausdrücklich dazu, sich mit den Vermietern über mögliche Investitionen auseinanderzusetzen – über jene, die zu Win-Win-Situationen führen, öffentlich gefördert werden und/oder sich innerhalb der Mietzeit amortisieren. Wärmerückgewinnung könnte insbesondere im Nonfood-Handel so ein Thema sein. Röttmer: „Im Gegensatz zum privaten Mietbereich werden im gewerblichen Sektor häufig die Nebenkosten nicht separat ausgewiesen. Händler sollten gezielt danach fragen.“

Ein wesentlicher Hebel wird zudem im Nutzerverhalten gesehen. „Neue Technologien allein sind nicht entscheidend. Das Verhalten der Menschen muss sich anpassen, die Mitarbeiter müssen mitgenommen, Routinen verändert werden“, darauf verweist Dr. Carolin Baedeker, stellvertretende Forschungsgruppenleiterin Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Für Bürogebäude beispielsweise wird das Einsparpotenzial durch optimierte Verhaltensmuster auf 40 Prozent geschätzt.

Weiteres Potenzial: Im Gegensatz zu den Großformen des Handels hat die Mehrzahl der selbstständigen, nicht filialisierten Einzelhändler bis dato keine strategischen Energieeffizienz-Ziele aufgestellt. Der HDE plant daher insbesondere für diese Zielgruppe eine „Effizienz- und Klimaschutzoffensive“, die im kommenden Jahr starten soll. Bestandteile des Projekts sind eine Internet-Plattform mit Benchmark-Rechner, Best-Practice-Beispielen, Leitfäden und Checklisten sowie rund 60-70 regionale Informationsveranstaltungen und Workshops.

Foto: Fotolia / M. Johannsen

Weitere Informationen: EHI-Studie Energie-Monitor 2015 

Zum Poster: Energiemanagement im Handel 2015

Kamps: Energiemanagement nach DIN ISO 50001

Das Thema Enegieeffizienz kommunizieren (Foto: Kamps)

Das Thema Enegieeffizienz kommunizieren (Foto: Kamps)

Kamps, Bäckereikette mit 486 Standorten auf Franchise-Basis, hat sich 2014 nach ISO 50001 zertifizieren lassen. Voraus ging die Gründung der Abteilung Energie, die man an den Bereich Technik angliederte.

Auch ein interdisziplinäres Energieteam wurde geschaffen. Zur operativen Umsetzung von Maßnahmen sowie als Multiplikatoren in die Abteilungen arbeiten Mitglieder aus den Segmenten Produktion, Ladenbau, Instandhaltung, Operations, Controlling und Qualitätssicherung zusammen. Daten generieren und Transparenz schaffen, so lautete das erste Ziel. Es wurden ein Messkonzept entwickelt, Zähler installiert und der Messstellenbetrieb für die Standorte an einen Dienstleister vergeben. Die Energieverbräuche sind nunmehr über ein Onlineportal abrufbar und visuell zu erfassen.

Eine der ersten Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs war die Anpassung der Nachtstartzeiten der Backöfen. Diese wurden vereinheitlicht und so nah wie möglich an die Geschäftsöffnungen herangerückt. Allein durch diese Maßnahme konnte Energie im sechsstelligen Bereich eingespart werden. Für einen wesentlichen Erfolgsfaktor hält Sven Hennemann, Manager Energie, dass die Führungskräfte voll hinter dem Thema Energiemanagement stehen. An der Kamps-Akademie erhalten Franchisenehmer und Gebietsverkaufsberater spezielle Schulungen.

Rewe International: Energie-Monitoring bei Billa

Länderübergreifende Energiedaten (Foto: Billa)

Länderübergreifende Energiedaten (Foto: Billa)

Wieviel Energie brauchen wir wirklich? Entsprechend dieser Frage baut Rewe International mit Hauptsitz im österreichischen Wiener Neudorf derzeit ein Online-Energie-Monitoring-System für die osteuropäischen Billa-Filialen auf.

Im nächsten Jahr möchte man zudem länderübergreifend zertifizierungsfähig im Hinblick auf ein Energiemanagementsystem nach DIN ISO 50001 sein, schließlich betrifft die Energieeffizienzrichtlinie alle EU-Staaten. Begonnen wurde das Projekt 2012 in der Tschechischen Republik (ca. 200 Supermärkte und zwei Lagerstandorte). Das webbasierte Filialmanagementsystem „Shopinsight“ von Hörburger erfasst und analysiert alle Energieverbräuche, erkennt frühzeitig Störungen und steuert Klima, Lüftung, Licht etc. 2014 folgten 120 Filialen in der Slowakei. Bulgarien und ggf. Kroatien stehen als nächstes auf der Agenda. „In der Tschechischen Republik konnten wir im ersten Jahr gut 16 Prozent der Energiemenge einsparen“, berichtet Markus Sarg, Gruppenleiter Technische Gebäudeausrüstung bei Rewe International, der sich zudem über die länderübergreifende Vergleichbarkeit der Daten freut.

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