Social Commerce - Zwischen Tiktok und Transaktion | stores+shops

Anzeige
{{{name}}}

Vorgeschlagene Beiträge

Anzeige

Die dänische Drogeriekette Matas verkauft Produkte per Video-Chat
Foto: Matas

Social Commerce – Zwischen Tiktok und Transaktion

E-Commerce plus Social Media, kurz Social Commerce, gilt als Megatrend aus Fernost, der auch den Handel in Europa verändern könnte. Unternehmen wie Douglas, dm-Drogeriemarkt, Otto oder Miele erproben bereits neue Formate, zum Beispiel Live-Shopping oder Videoberatung.

Videokonferenzen sind im Manager-Alltag heute normal – mit dem Smartphone Parfüm und Pflegeprodukte zu präsentieren dagegen noch nicht. Für Yassin Hamdaoui gehören Live-Auftritte in virtuellen Shopping-Shows seit zwei Jahren zum Job. Als Head of Social Commerce ist er beim Beauty-Unternehmen Douglas für neue Formate wie Live-Shopping oder „shoppable Clips“ verantwortlich – Kurzvideos im Tiktok-Stil, bei denen Kund:innen die von sogenannten Creatoren vorgestellten Produkte per Mausklick ordern können.

Mit der Douglas-Creator-App kann jede:r Kurzvideos mit Lieblingsprodukten veröffentlichen

Mit der Douglas-Creator-App kann jede:r Kurzvideos mit Lieblingsprodukten veröffentlichen
Foto: Douglas

In China gehört der Mix aus Shopping und Selfie-Kultur längst zum Alltag. Prominente Influencer wie „Lipstick King“ Austin Li generieren auf Plattformen wie Taobao oder Douyin Milliardenumsätze – eine Entwicklung, die Hamdaoui auch in Europa für möglich hält. „In den nächsten fünf Jahren werden alle mitmachen wollen“, glaubt er. Um zu testen, was ankommt, ist er täglich in den Sozialen Medien unterwegs und moderiert eigene Live-Shows.

Verstehen und Verkaufen

Auch Marktbeobachter gehen davon aus, dass Social Commerce ein globaler Trend mit großem Potenzial ist und Formate mit Unterhaltungswert und Reality-Faktor künftig stärker zulegen als klassische Marktplätze oder Onlineshops. „Der Social-Media-Feed ist die neue Storefront“, heißt es beispielsweise in den „TMT Predicitons 2023“ von Deloitte Global. Die Technologieberatung erwartet, dass 2023 zwei Mrd. Menschen über Social-Media-Kanäle einkaufen und dabei mehr als eine Bio. Dollar umsetzen werden.

Eine Studie aus den USA hält bis 2026 sogar ein globales Marktvolumen von zwei Billionen Dollar für plausibel. Laut McKinsey könnten schon in wenigen Jahren bis zu 20 Prozent des weltweiten Online-Umsatzes durch Live-Shopping & Co. generiert werden. Das EHI sagt in der Studie „Connected Retail 2022“ voraus, dass Social Commerce den Handel hierzulande in den kommenden Jahren prägen wird. Während andere Unternehmen das aus Fernost kommende Phänomen noch skeptisch beäugen, haben sich Live- und Video-Shopping für Douglas in den letzten zwei Jahren zu relevanten Verkaufskanälen entwickelt.

 

Tiktok ist vielen unserer Kunden zu jung. Wir wollen rund um das Thema Beauty & Health eine inspirierende Plattform auch für ältere Zielgruppen schaffen

Yassin Hamdaoui

Head of Social Commerce , Douglas

Fast täglich finden virtuelle Verkaufsshows mit durchschnittlich vierstelligen Zuschauerzahlen statt. Live-Atmosphäre, befristete Rabatt-Codes und nicht zuletzt die persönliche, spontane Interaktion mit der Community sorgen für Kundenbindung und überdurchschnittliche Conversion Rates. „Kunden, die Douglas live schauen, besuchen uns häufiger und kaufen mehr ein“, so Hamdaoui. Im Schnitt liege der Umsatz rund drei- bis viermal höher als bei klassischen E-Commerce-Shopper:innen. Auch nach der Ausstrahlung sorgen die Live- Events noch für Umsatz, denn die Mitschnitte sind Klick- Hits auf der Website und in der App.

In den Miele- Experience- Centern können Kund:innen die Geräte physisch testen, ergänzt wird das Angebot durch Live-VideoberatungLive is Life
Laut Maryam Ghahremani sprechen die Kenn- zahlen für Einkaufen in Echtzeit. Sie ist CEO des schwedischen Unternehmens Bambuser, das Software für Live-Video-Shopping anbietet. Retailer und Marken wie H&M, Matas, Samsung oder Tommy Hilfiger nutzen die SaaS-Lösung bereits für ihre Verkaufs-Events.

In Deutschland zählen Otto und dm zu den ersten Kunden. An der Warenpräsentation im E-Commerce habe sich in den letzten 20 Jahren wenig geändert, sagt Ghahremani. Live-Shopping schaffe dagegen ein Kundenerlebnis ähnlich wie im Store und bringe den „Human Touch“ ins prozessgetriebene Online-Geschäft. Das funktioniere nicht bloß in China: Der Videokanal werde global zur Page mit der stärksten Conversion und Kundenbindung, glaubt die Bambuser-Chefin.

Wettlauf um die Pole Position

Schon heute konkurrieren um den Zukunftsmarkt Social Commerce unter- schiedliche Wettbewerber. Handelsunternehmen wie Otto oder Douglas wollen mit eigenen Social-Media-Feeds zu Inspirationsplattformen werden. Umgekehrt versuchen Social-Media-Kanäle zusätzliche Shopping-Funktionalitäten in ihr Angebot zu integrieren.

Youtube nutzt dazu beispiels- weise seit Kurzem die E-Commerce-Software Shopify, die Meta-Töchter Facebook und Instagram erproben eigene Checkout-Lösungen. Und wie Job-Inserate auf Linkedin ver- muten lassen, plant Tiktok den Aufbau eigener Versandzentren in den USA. Die physische Retail-Welt stellt die Internetkonzerne je- doch oft vor ungeahnte Herausforderungen. Alex von Harsdorf, Gründer und CEO von Livebuy sieht etablierte Multi- brand-Händler beim Social Commerce deshalb klar in der Pole Position.

Das Berliner Start-up hat 2020 das Live-Shop- ping-Tool für Douglas entwickelt. Ordern direkt aus dem Video-Player und die Möglichkeit, als „Creator“ eigenständig Shopping-Inhalte zu erstellen, lauteten die Anforderungen – die Abwicklung liegt bei dem Omnichannel-Unternehmen selbst. Attraktive Social-Media-Inhalte seien nur die Spitze des Eisbergs, sagt von Harsdorf: „90 Prozent des Erfolges finden unter der Oberfläche statt.“ Bei Themen wie Data & Analytics, Produkt- und Bestandsmanagement, Logistik oder Recht habe der Handel die Nase vorn.

Loyalty profitiert

Auch die gezielte Kundenansprache und -bindung funktioniere über die eigenen Kanäle oft besser als über Social Media, glauben Unternehmen, die es aus- probiert haben. Ganz bewusst habe man sich entschieden, das Format „dmLive“ nur in der eigenen App auszustrahlen, heißt es beispielsweise von der Drogeriemarktkette dm. Mit durchschnittlich 24 Mio. Zugriffen pro Monat gehen rd. 60 Prozent aller Online-Bestellungen über die dm-App ein.

Auch Otto testet Live-Shopping ausschließlich auf der eigenen Website und in der App. Instagram oder Tiktok erzeugten kein Engagement, sagt Yassin Hamdaoui, und sieht die Bestätigung im Erfolg der Douglas Card, „einem der größten Loyalty-Programme in Europa“. Neben Promis und Influencern stellen inzwischen auch Mitarbeitende und Stammkunden des Kosmetikkonzerns Shopping-Clips mit ihren Lieblingsprodukten online – der Lipstick-King bekommt Konkurrenz.

Für uns hat ,dmLIVE‘ großes Potenzial zur Weiterentwicklung. Wir können uns vorstellen, weitere Formate auszuprobieren und beispielsweise den Fokus nicht nur auf Produkte, sondern auch auf das Thema Arbeiten bei dm zu legen

Sebastian Bayer

Geschäftsführer für das Ressort Marketing + Beschaffung, dm

1.000 Mrd. Dollar Umsatz per Live-Shop- ping erwartet die Technologie- beratung Deloitte Global im Jahr 2023, doppelt so viel wie in 2020. Quelle: TMT Predictions 2023

Produkt-News