Temu und Shein: Die neuen Disruptoren | stores+shops

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Die Geschäftsmodelle von Ultrafast-Händlern wecken eine neue Erwartungshaltung
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Temu und Shein: Die neuen Disruptoren

Neue Onlinehändler mischen die Retail-Landschaft auf. Was haben etablierte Handelsunternehmen und Marken von den Wettbewerbern Temu und Shein zu erwarten?

Es ist noch nicht lange her, dass Online-Pioniere die deutsche Handelslandschaft auf den Kopf stellten. Die Menschen verbrachten mehr und mehr Zeit im Netz – und die Neuen waren ebenfalls dort: online. Jahrelang konnten Onliner diese Welle erfolgreich surfen, doch zuletzt ebbte sie ab: Steigende Zinsen, anziehende Kosten und schleppendes Wachstum brachten die Erkenntnis, dass Onlinehandel doch kein reines Skalengeschäft ist. Das Credo „Ist das Wachstum nur groß genug, kommt die Profitabilität von allein“ erweist sich derzeit als Mythos. Denn auch Onlinehandel ist immer noch Handel. Und dieser erfordert operative Stärke und hohes Kostenbewusstsein, damit Geschäftsmodelle bei den in der Branche üblichen geringen Margen langfristig tragfähig sind.

In Echtzeit

Gerade in dieser sensiblen Phase treten neue Wettbewerber in Erscheinung und schreiben die Regeln um: die Fastfashion-Anbieter Temu und Shein. Mit der Konsequenz, dass die ehemaligen Disruptoren selbst vor der Herausforderung stehen, ihre Geschäftsmodelle am Leben zu erhalten, denn Temu und Shein bewegen sich im unteren Preiseinstiegssegment. Sie treffen damit den Nerv der Zeit und auf Konsument:innen, die in einer wirtschaftlich angespannten Lage ihr Budget zusammenhalten.Temu und Shein machen sich neueste Technologien oftmals schneller und effektiver zunutze als etablierte Händler. Besonders in den Bereichen Data Science und Künstliche Intelligenz sind sie dem herkömmlichen E-Commerce weit voraus.

Mit attraktiven App-Angeboten soll die Kundschaft gebunden werden

Mit attraktiven App-Angeboten soll die Kundschaft gebunden werden
Foto: Koshiro - stock.adobe.com

In der eigenen Lieferkette, beim Markteintritt und im Marketing verschieben sie die Grenzen des Möglichen in Richtung Echtzeithandel. Temu und Shein richten sich radikal an der Kundschaft aus. Beide Unternehmen setzen dort an, wo sich ihre Zielgruppe ohnehin aufhält: auf Tiktok, Instagram und Facebook. Die Kanäle werden mit Werbung geflutet. Temu hat nur drei Monate nach dem Markteintritt in Deutschland eine Markenbekanntheit von rund 60 Prozent, jeder Vierte hat dort laut dem Marktforschungsinstitut Appinio schon bestellt. Shein hingegen setzt stark auf Influencer. Haben Kund:innen die jeweiligen Apps erst einmal installiert, werden Algorithmen und verhaltenspsychologische Methoden eingesetzt, um zum Kauf zu animieren – u. a. mit Rabatten und Gewinnspielen.

Was Shein gerade im Modebereich einen enormen Vorteil verschafft, ist eine auf Höchstgeschwindigkeit getrimmte Lieferkette. Mit Künstlicher Intelligenz und räumlicher Nähe zur Produktion kann schnell, teilweise innerhalb von Tagen, auf Kundenbedürfnisse reagiert werden. Neue Produkte werden entworfen, in geringen Mengen getestet und bei Erfolg in kleinen Chargen nachproduziert. Heißt: wenig Lagerhaltung und ein Kostenvorteil gegenüber Händlern, die ihr Geschäft längerfristig und saisonal ausrichten. Hier brauchen selbst andere Fastfashion-Anbieter Wochen von der Idee zum Produkt, bei traditionellen Händlern sind es Monate.

Der Nutzen für Kund:innen und Unternehmen geht dabei auf Kosten anderer Stakeholder, denn die Geschäftsmodelle werfen zahlreiche Fragen in Bezug auf Nachhaltigkeit und die Achtung von Menschenrechten in der Lieferkette auf. Viele der bei Temu gehandelten Produkte verfügen nicht über die vorgeschriebenen Testoder Prüfsiegel und könnten für Endverbraucher:innen tatsächlich gesundheitsgefährdend sein. Auch der Import nach Europa findet derzeit bestenfalls in einer rechtlichen Grauzone statt. Langfristig werden auch die neuen Akteure daher ihre Praktiken anpassen müssen.

Vorbereiten und Handeln

Auch wenn langfristig Fragezeichen bleiben – im Hier und Jetzt sehen sich etablierte Händler und Marken, die sich stark über den Preis positionieren, Herausforderungen gegenüber. Schließlich schaffen Temu und Shein mit ihrem für Kund:innen attraktiven preisgünstigen Angebot eine neue Erwartungshaltung, die es zu beeobachten gilt, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Hier ist Anpassung sowie das kritische Hinterfragen der eigenen Prozesse nützlich, um schneller von der Idee zum Produkt zu kommen und das Sortiment auf verkaufsstarke Artikel hin zu optimieren.

Auch im Marketing können die Newcomer als Vorbilder dienen, vor allem in der passgenauen Ansprache von Zielgruppen und der effektiven Nutzung von Daten. Bei den Preisen bleiben Temu und Shein auf absehbare Zeit führend – europäische Händler und Marken können da nicht mithalten. Neben dem Blick auf die eigenen Prozesse kann es sich lohnen zu schauen, wie Temu und Shein ihre Kundschaft unterhalten. Die Zielgruppe nutzt Apps, weil sie entertaint wird – nicht, um mühselig nach Artikeln zu suchen. Und auch stationäre Händler können ihr physisches Angebot vor Ort stärker als Erlebnis gestalten. Eine erfolgreich positionierte Marke ist dabei ein guter Schutzschild gegen No-Name-Ware im Preiseinstieg.

Auch die Geschäftsmodelle von Temu und Shein haben Schattenseiten: Aller Voraussicht nach holt die Regulierung auf, die Anforderungen an Nachhaltigkeit werden insbesondere in der EU verschärft, die Produktqualität stößt an Preisgrenzen. Die gesamtwirtschaftliche Lage wird sich wieder verbessern und auch der Reiz des Neuen wird naturgemäß abebben Der Aufstieg von Temu zu einem zweiten Amazon ist unwahrscheinlich, denn für Amazon sind Markenprodukte und starke Eigenmarken die wichtigsten Umsatztreiber. Shein könnte sich langfristig einen Platz in einer discountaffinen Zielgruppe sichern und anderen Akteuren im Preiseinstieg Marktanteile abnehmen.

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