Ziel eines jeden Handelsunternehmens ist es, Waren schnellstmöglich zum Kunden zu bringen. Das ist in Zeiten erneuerungsbedürftiger Autobahnbrücken – speziell in Westdeutschland – kein leichtes Unterfangen, räumte Michael Groschek als Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen zu Beginn des Kongresses ein. Er wies jedoch darauf hin, dass aktuell Pooling-Modelle mit Verkehrsbetrieben wie der Bogestra erprobt werden. Zudem sei das Ministerium daran interessiert, Handelslogistiker als Projektpartner zu gewinnen. Kooperationen könnten dazu beitragen, Potenziale für ein besseres Management von Güter-, Schienen-, Straßen- und Schiffsverkehr zu erschließen.

Auch sei es möglich, mit der sogenannten Crowd-Delivery und Schwarmintelligenz auf Kundenfang zu gehen. Zum Nachdenken darüber regte Referent Frank Puscher an, der inzwischen über 20 Jahre als Journalist in der Digital-Branche arbeitet und Crowdsourcing als sein Steckenpferd bezeichnet. Unter dem Begriff Crowdsourcing ist die Strategie des Auslagerns einer üblicherweise von Erwerbstätigen entgeltlich erbrachten Leistung an Privatpersonen zu verstehen, die mittels eines offenen Aufrufes im Internet gewonnen werden können. Crowd-Delivery steht für die Idee, dass Privatpersonen Lieferungen befördern, was sich über Internetplattformen und Apps organisieren lasse. Gegenüber Crowdshipping halten sich seiner Ansicht nach allerdings hartnäckig Einwände, die von „Da macht keiner mit“ über „Das haben schon viele versucht“ bis hin zu „Es ist nicht zuverlässig“ oder „Es kann gefährlich sein“ reichen. Puschers These lautet: Wenn das System stimmt, machen auch Profis mit. Das sei etwa daran zu erkennen, dass ein Clip zur Bewerbung von Doritos-Chips 33,1 Mio. Sichtkontakte bzw. Views bekommen hat und auf dem 3.Platz beim „Super Bowl Commercials“-Wettbewerb gelandet ist – wofür der Chips-Produzent  Frito-Lay ein Preisgeld von 1 Mio. US-Dollar erhielt und 20 Mio. US-Dollar Schaltungskosten ausgab.  

Startup-Unternehmen konzentrieren sich aus dem Blickwinkel von Puscher in den meisten Fällen auf Teilmärkte, da sie nicht kurzfristig Gewinne erzielen müssen und es ihnen durch ihre Digitalkompetenz möglich ist, Prozesse schnell aufzusetzen. Doch Startups hätten Mechanismen entwickelt, um Crowdshipping-Probleme rund um die zuverlässige sowie sichere Warenzustellung zu lösen: Gab es früher nur Bewertungssysteme zu privaten Fahrern und in der Folge zahlreiche verfälschte Profile, finde nun bereits vielfach eine Zertifizierung der Fahrer durch neutrale Dritte statt. Zudem rangiere der Stundenlohn für Fahrer bei Amazon Flex zwischen 18 und 25 US-Dollar, was das Interesse erhöhe, sich zu engagieren. „Nimber“ gelinge es außerdem, Privatpersonen dazu zu motivieren, Waren auf ihrer Zugfahrt mitzunehmen und zum Bestimmungsort zu transportieren. „Ueberbringer“ sei dagegen auf den Transport von Sperrgütern mit Fernbussen ausgerichtet. Das bedeute: Crowdshipping kommt nicht – es ist schon da. Wie also sollten etablierte Handelsunternehmen darauf reagieren? Puscher empfahl, Allianzen mit den Startups zu bilden. Das sei besser als mit ihnen eine Lösung zu entwickeln und – sobald der Machbarkeitsnachweis bzw. Proof of concept erreicht ist – feststellen zu müssen, dass das Startup die Idee selbst verwirklichen möchte.

Welche Kernkriterien für eine effiziente Supply-Chain-Strategie im Lebensmittelhandel entscheidend sind, darauf liefert die aktuelle Studie von EHI, Boston Consulting Group sowie der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt „Ganzheitliches Supply-Chain Management im LEH“ Antworten. Die Studie wird noch im April zur Verfügung stehen. Mehr Informationen bietet in Kürze die rt 2_2016.

Fotos (4): EHI / Hauser

Der 23. Handelslogistik Kongress LOG 2017 findet am 28. und 29. März 2017 in Köln statt.

Weitere Informationen zur Veranstaltung: www.handelslogistik.de