Der Diskurs vor Ort verdeutlichte, dass die Automatisierung weiterhin an Bedeutung gewinnt und in vielen Bereichen Effizienzsteigerungen ermöglicht. Dennoch besteht im Handel im Vergleich zu anderen Branchen Zurückhaltung, wie Tim Wirtz, Abteilungsleiter des Fraunhofer-Instituts für Intelligente Analyse- und Informationssysteme, feststellte. Während 24 Prozent der Handelsunternehmen bereits KI nutzen, bleibt der Einsatz im Vergleich zu anderen Branchen zurück. Branchenübergreifend setzen 36 Prozent der Unternehmen bereits auf Künstliche Intelligenz. Dabei ließe sich durch Automatisierung sowohl der Warenfluss als auch der Umsatz steigern, wie Wirtz anhand einer Praxisdemonstration des „RetAIl Allocators“ vom Fraunhofer-Instituts veranschaulichte. Entscheidend ist der Input, der den AI-Systemen geliefert wird. „Daten sind das zentrale Asset“, betonte er.
Szenarienplanung mit Künstlicher Intelligenz
Malte Rehm von Otto Group und Steffen Köhn von der Otto-Tochter Lascana zeigten, was KI-Systeme, ein Mal an den richtigen Informationsfluss angebunden, Positives bewirken können. Im gemeinsamen Vortrag mit Fabian Rang des KI-Dienstleisters Paretos berichteten sie über die Implementierung einer KI-Lösung bei Lascana, um die Vorhersagegenauigkeit von Verkaufszahlen zu verbessern und Szenarien zu planen. Früher basierte die Prognosearbeit größtenteils auf manuellen Excel-Tabellen. „Mit KI können wir schneller auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren“, berichtete Fabian Rang. Auch das übergreifende Arbeiten in den Teams sei durch die KI erheblich erleichtert worden. Dabei ist Geduld bei der Einführung solcher Systeme gefragt. „Erwartungsmanagement ist wichtig“, fügte Malte Rehm hinzu, da KI nicht alle Herausforderungen sofort lösen kann, aber entscheidend zur Resilienz beiträgt.
Dass Künstliche Intelligenzen auch wesentlich alltagsnähere Unterstützungspotenziale mit sich bringen können, wenn sie in physische Gestalten eingebunden sind, veranschaulichte der Roboterforscher Prof. Oliver Bendel von der Fachhochschule Nordwestschweiz. Er präsentierte eine Vielzahl heute schon eingesetzter Service-Roboter – ob bei der Altenpflege oder der Essensauslieferung – warnte aber gleichzeitig davor, Roboter in humanoider Gestalt ohne Vorbereitung im öffentlichen Raum einzusetzen. Er zeigte, wie cartoonhafte Designs Akzeptanz bei Menschen erhöhen können, während realistische Nachbildungen eher Angst erzeugen. Sein Beispiel des Service-Roboters „Digit“ von Agility Robotics, der bewusst abgeschirmt von Menschen im Lager arbeitet, verdeutlichte die Zurückhaltung, die aktuell noch bei der Interaktion mit Menschen herrscht.
Weltneuheit: Roboter Tory im Kundenkontakt
Den Versuch, Service-Roboter in den direkten Kundenkontakt im Handel einzubinden, will die Firma MetraLabs demnächst wagen. Dessen CEO Andreas Bley präsentierte in einer Live-Demo die Weltpremiere der aktuellen Generation ihres Service-Roboters „Tory“. Der auf Vorder- und Rückseite mit großen Bildschirmen ausgerüstete Roboter, der sowohl Kund:innen als auch Mitarbeitende im Handel unterstützen soll, wird in einem Monat erstmals zum Einsatz kommen. Ausgestattet mit Fähigkeiten wie Personenerkennung, Regallückenüberwachung und Produktpromotion ist Tory für eine Vielzahl von Aufgaben einsetzbar. Dabei zeigte sich bei der Entwicklung, dass noch Optimierungspotenzial besteht, beispielsweise in der lokalen Datenverarbeitung, die die Antwortgeschwindigkeit erhöhen würde.
Weitere Themen der Konferenz waren u. a. Zukunftstrends bei der Material-Handling-Industrie, die Kommissionierung von Mischpaletten für die Filialbelieferung oder die Erstellung von Produktinhalten mit KI.