Die Corona-Pandemie hat das Einkaufsverhalten der Kundinnen und Kunden dramatisch verändert. Zeitweise geschlossene Geschäfte führten zu einem Boom im E-Commerce. Marken und Händler, die einen zuverlässigen Blick über alle Bestände hatten, konnten ihre Klientel in dieser schwierigen Zeit sehr gut, sehr schnell und mit dem gesamten Sortiment zufriedenstellen. Services wie kontaktloser Self-Checkout oder Lieferung am gleichen Tag erhielten innerhalb kurzer Zeit zusätzliche Bedeutung.

Information über Nachhaltigkeit

„Für all diese Dienstleistungen sind einwandfreie Bestandsdaten zwingend notwendig“, betont Uwe Hennig, Director Market Development bei Avery Dennison, einem Global Player im Bereich der Produktkennzeichnung. Hinzu kommt die gestiegene Sensibilität der Konsument:innen beim Thema Nachhaltigkeit: Häufiger als zuvor werden jetzt Informationen über ein Produkt abgefragt. Man möchte verstehen, welchen „Fußabdruck” das Produkt hinterlässt.

„Mit einer eineindeutigen digitalen ID am Produkt, etwa mittels QR-Code oder RFID-Tag, kann die Wertschöpfungskette transparent gemacht werden. Im Idealfall können Hersteller, Distributor, Händler, Konsument und Recycler diese Information in Echtzeit jederzeit abrufen“, so Hennig weiter. Den Handel interessiere dabei vor allem der exakte Blick auf die Bestände bzw. deren Veränderung auf Einzelartikelebene – am besten in Echtzeit. Denn wer an dieser Stelle den „Durchblick“ hat, kann Aufträge direkt aus der Supply Chain oder aus einer Filiale heraus ausliefern.

Seit der Pandemie erwarten die Konsumenten vom Handel mehr Informationen und mehr Services.

Uwe Hennig

Director Market Development , Avery Dennison

Stationäre Verfügbarkeiten

„Außerdem lassen sich Kundenanfragen zum Status einer Bestellung sowie zur Verfügbarkeit zuverlässig beantworten“, erklärt Hennig. Speziell im Modehandel spielt das eine Rolle, denn die Konsument:innen möchten bereits vor dem Filialbesuch wissen, ob die gesuchte Größe und Farbe in dieser Location verfügbar ist. Mit kontaktloser, schneller und oft hoch automatisierter RFID-Technologie lässt sich laut Uwe Hennig eine Datenkorrektheit nahe einhundert Prozent erreichen. „Herkömmliche Systeme kommen je nach Kategorie nur auf 60 bis 80 Prozent Genauigkeit.“

G-Star kann Online-Bestellungen dank kanalübergreifender Bestandstransparenz aus den Stores heraus bedienen.

G-Star kann Online-Bestellungen dank kanalübergreifender Bestandstransparenz aus den Stores heraus bedienen.
Foto: Sven Verbruci

Auf Kundenbindung fokussiert

Eine Herausforderung in dieser Gemengelage bleibt laut Christian Jürs, Director Sales Retail beim Hamburger Software-Lieferanten Roqqio, die Angemessenheit der Digitalisierungsmaßnahmen. „Sie müssen sich einerseits für den Handel rechnen und gleichzeitig die Kunden ins Zentrum der Prozesse stellen.“ Zentrale, hochperformante Systeme für blitzschnellen Datenaustausch und genaueste Bestände spielen dabei zwar eine zentrale Rolle, aber Installationen und Tools im Einsatz für den Point of Sale oder den Omnichannel-Bereich sind ebenfalls wichtig.

„Denn es geht ja nicht nur um Effizienz, sondern auch darum, im Laden oder online ein kundenfreundliches und kundenbindendes Erlebnis zu gestalten. Das kann schon damit anfangen, dass Kunden, die online kaufen, die Möglichkeit einer Beratung per Chat oder Telefon angeboten wird.

An den Kunden-Touchpoints tut sich derzeit vieles. Mobile Lösungen sind gerade erst so richtig im Kommen.

Christian Jürs

Director Sales Retail, Roqqio

Um all diese Details technologisch abzudecken, empfiehlt Jürs Lösungen, die online eingehende Aufträge automatisch an die nachgelagerten Systeme weitergeben. „Die Infrastruktur des Backends, über das alle Logistik-, Order- und Listing-Prozesse gemanagt werden, bleibt dabei unverändert.

Die Daten der verschiedenen Verkaufskanäle, der bestehenden Systeme wie ERP und Finanzbuchhaltung, der Lagerbestände, Zahlarten, Versand- und Retourenoptionen sowie Kundenanfragen, werden homogenisiert und zentral prozessiert.“ Damit werden alle Funktionen zentral bereitgestellt. Beispiel: Retouren. Diese können dann über den Onlineshop, die App oder die Kasse abgewickelt werden.

RFID-Lösung bei G-Star Raw

Das Jeans-Label G-Star Raw setzt auf eine vollständig transparente Lieferkette und Bestandsdaten. Das Technologie-Tool ist dabei eine Lösung mit RFID aus dem Hause Nedap. Fragen an Nedap-Projektleiter Bruno Bakker, Global Account Executive.

Was bedeutet eine transparente Lieferkette für G-Star in der Praxis?

G-Star ist damit in der Lage, Bestände in den stationären Filialen zu nutzen, um Kundenaufträge aus dem E-Commerce direkt aus dem Store zu bedienen. Prinzipiell soll die Bestandstransparenz entlang der gesamten Lieferkette hergestellt werden. Dabei ist es das Ziel, die verschiedenen Kanäle und die damit verbundenen Datensilos zu vernetzen und Warenbewegungen lückenlos nachverfolgen zu können. Alle Artikel werden zu diesem Zweck während der Produktion mit RFID-Etiketten ausgestattet.

Wie kann damit die Verfügbarkeit der Ware in den digitalen Kanälen verbessert werden?

Mit RFID erreichen wir eine vollständige Bestandsgenauigkeit, sodass keine Mindestbestände als Sicherheitsschwellen benötigt werden und damit alle Produkte online gestellt werden können.

Was bringt eine End-to-end-Traceability?

Durch die RFID-basierte Erfassung wird ein vollständiger Überblick darüber erzeugt, wo sich die Artikel in der Lieferkette gerade befinden. Neben Informationen über die Warenverfügbarkeit geben diese Daten auch einen Einblick über den genauen Weg der Ware, die Herkunft und die Authentizität. Außerdem kann festgestellt werden, ob Produkte verloren oder in falsche Kanäle wie Graumärkte gegangen sind.