Die Marke Benetton wird behutsam entstaubt | stores+shops

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Das Storedesign des neuen Benetton-Stores in der neuen Frankfurter Shoppingmall Skyline Plaza übernimmt die geometrischen Formen des typischen Lissoni-Designs zum Beispiel bei Ladenmöbeln und Beleuchtung, zeigt aber auch neue Designelemente wie die offene Decke und den großzügigen Einsatz von Holz-Optiken. (Grafik: Benetton)

Die Marke Benetton wird behutsam entstaubt

Martin Beucker (45) ist seit Anfang 2013 deutscher Geschäftsführer der New Ben GmbH mit den Marken Benetton, Sisley und Playlife. Zu den Aufgaben des gestandenen Praktikers und gelernten Bekleidungstechnikers gehört es, die Marke Benetton zu „entstauben“. stores+shops traf Beucker am Firmensitz Frankfurt im Benetton-Store in der Zeil-Galerie.

Herr Beucker, wie sieht das Benetton-Netz in Deutschland zurzeit aus?

Wir haben etwa 170 Läden, von denen wir 73 selbst betreiben, der Rest wird von Partnern betrieben. Daneben haben wir aber noch das Key-Account-Business, zum Beispiel mit Peek & Cloppenburg, Karstadt oder Zalando.

Was bedeutet „Undust the Brand“ für Benetton?

Über die Jahre hinweg ist auf die Marke eine Staubschicht draufgekommen, die müssen wir zunächst einmal wegkriegen. Das bedeutet in einem ersten Schritt, die Filialen vor allem in puncto Darstellung und Visual Merchandising neu aufzustellen. Damit haben wir angefangen. Im zweiten und nächsten Schritt müssen wir die Marke polieren, vor allem durch Marketing, also die Kommunikation starten. Und der dritte Schritt lautet dann: Wachstum.

Wie kam es zu der Staubschicht auf der Marke?

Wir haben eine sehr loyale Konsumentengruppe, wir sind aber der Ansicht, dass wir mehr Menschen erreichen müssen als diese stabile und loyale Konsumentengruppe.

Fehlt der „Nachwuchs“?

Nein, der gerade nicht. Wir haben eine relativ große, stark wachsende Zielgruppe von der Babybekleidung bis zu den 12- bis 15-Jährigen. Dann haben wir diejenigen, die die alten Kampagnen von Benetton noch mitbekommen haben und die „mitgewachsen“ sind. Dazwischen gibt es aber eine Lücke, die wir im Rahmen der Entstaubung der Marke auf Benetton aufmerksam machen und gewinnen wollen.

Ist das Design der Benetton-Stores zentralisiert?

Storedesign ist ein Markenwert. Das kommt bei Benetton hauptsächlich aus der Zentrale. Zumindest das für die neuen Stores. Was die Updates der bestehenden Stores angeht, sind die einzelnen Länder in ihren Entscheidungen freier. Für das Design der Stores gibt es ein vorgegebenes Rahmenkonzept. Dieses adaptierbare Konzept wurde von dem Designer Piero Lissoni entworfen. Es ist straight, geradlinig, nicht verspielt und setzt die Ware mit ihren prägnanten Farben in den Vordergrund. Die Farbigkeit des Storedesigns ist nicht festgelegt. Hier gibt es zum Beispiel für den Store, der im Herbst dieses Jahres in der neuen Skyline Plaza-Shoppingmall in Frankfurt eröffnen wird, ein neues Konzept. Ich halte das Lissoni-Konzept für ehrlich, wir überfrachten den POS nicht mit Emotionen. Der Kunde soll sich auf die Produkte konzentrieren können und nicht durch Nebeneinflüsse und ganz viel Emotion von der Ware abgelenkt werden.

Setzen Sie LED ein?

Wir beschäftigen uns mit LED und beobachten den Markt. Wir finden LED im Anschaffungspreis aber noch zu teuer. Ich denke, die LED muss sich noch entwickeln.

Wo stehen Benetton, Sisley und Playlife beim Thema E-Commerce?

Den Onlineshop gibt es erst seit Oktober letzten Jahres – mit einem gemessen am POS relativ schmalen Angebot. Wir sind da auf einer kleinen Flamme unterwegs, lernen und entwickeln. Jede Marke ist anders, das muss auch für jede Marke anders gelernt und bespielt werden.

Wie steht es um das Thema Multichannel?

Da sind wir am Anfang. Ich bin dafür auch sehr offen. Für uns ist aber nach wie vor der POS sehr wichtig, und da investieren wir auch.

Worein genau?

Wir haben ein Projekt gestartet, bei unseren Filialmitarbeiterinnen angesichts der Online-Konkurrenz ein ganz klares Bewusstsein zu schaffen, was genau die Vorteile und der Mehrwert des stationären Handels sind, damit sie dies dem Kunden vermitteln können. Den Vorteil der Dreidimensionalität zum Beispiel werden Sie online nie erreichen. Aber auch der persönliche, direkte Kontakt, der Augenkontakt der Mitarbeiter: Was genau möchte der Kunde jetzt hören, in welche Richtung soll es jetzt gehen? Es gibt Kunden, die wollen einfach nur mal reden – Wellness by talking. Für diese Mitarbeiterschulung haben wir einen extra Trainer eingestellt. Der Handel muss als Antwort auf den E-Commerce in den traditionellen Kanälen eben besser werden. Die Vorteile des stationären Handels müssen dem Endverbraucher, wenn er hierher kommt, ganz klar werden.

Man spricht heute vom stationären Handel als „Third Place“, als ein Aufenthaltsort neben Wohnung und Arbeit. Was halten Sie davon, wenn der Kunde an den POS kommt, um einen Kaffee zu trinken und seine Mails zu checken?

Ich glaube nicht daran, um ehrlich zu sein. Ich glaube, dass die Befriedigung, mit etwas nach Hause zu gehen, letzten Endes den Besuch im Store ausmacht. Wenn es aber doch so käme, würde ich es bedauern, weil ich merke, dass für unsere Mitarbeiterinnen Kundenresonanz in Form von Umsatz schon eine Motivation ist, die ganz schwer zu toppen ist. Unsere Mitarbeiterinnen sind nun einmal Beraterinnen und stolz, wenn die Beratung zum Kauf führt.

Was ist Ihnen für das „Entstauben“ der Marke Benetton besonders wichtig?

Das Visual Merchandising. Visual Merchandising ist ja nicht nur Warenpräsentation, sondern das Gesamte, die Ladendramaturgie. Wir haben hier unsere Philosophie geändert und den Stellenwert des Visual Merchandising stark aufgewertet. Zwei Drittel unserer Organisationsstruktur ist jetzt Dekoration und Visual Merchandising. Wir sagen: Visual Merchandising ist die Führung zum Ziel. Wenn wir die richtige Ware an den richtigen Punkt bringen und den Endverbraucher Punkt für Punkt durch den Laden führen, bekommt er Spaß am Entdecken. Das Entstauben der Marke muss vor Ort in den bestehenden Stores beginnen, bevor man die Produkte neu und anders bewirbt.

Betreiben Sie das Visual Merchandising mit eigenen Mitarbeitern, oder sourcen Sie das aus an Dienstleister?

Wir haben gerade die Struktur geändert von Outsourcing zu Insourcing. Wir haben investiert und betreiben das jetzt inhouse. Das ist für mich fundamental, ich halte das für extrem wichtig, dass sich das im Haus befindet. Es geht darum: Wie führe ich den Kunden?

Machen das geschulte Visual Merchandiser oder das Verkaufspersonal?

Die Trainer sind geschulte Visual Merchandiser. Diejenigen, die es bei jedem Umbau, bei jeder neuen Ware umsetzen, sind die Mitarbeiterinnen. Wir müssen schauen, dass wir mit der neuen Philosophie oben ansetzen und sie dann von den 800 Mitarbeitern, die wir haben, verstanden wird.

Arbeiten Sie mit Techniken wie CAD und Planogrammen?

Meine Überzeugung lautet: Visual Merchandising ist die Reaktion auf das Ist. Diese Planogramme, die am grünen Tisch kreiert werden, sind schwierig. Die Stores sehen danach alle gleich aus. Und wenn Sie vorgeben, dass vor der Türe Regenschirme stehen müssen, dann mag es sein, dass es in Hamburg auch regnet, in München aber die Sonne scheint. Visual Merchandising muss individuelle Lösungen ermöglichen.

Sind Ihre Franchise-Partner beim „Entstauben“ mit im Boot?

Wir haben diesbezüglich gerade ein Projekt gestartet mit unseren größten und wichtigsten Partnern, um so möglichst effektiv die „Landschaft“ zu verändern. Da ist viel zu tun.

Das Interview führte Sabine Wilhelm.

Grafik: Benetton

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